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Ausschnitt aus der Tabula Peutingeriana - Rom

Tabula Peutingeriana – Einzelanzeige

Toponym TP (aufgelöst):

Francia

Name (modern):

 

Bild:
Toponym vorher
Toponym nachher
Alternatives Bild ---
Bild (Barrington 2000)
Bild (Scheyb 1753) ---
Bild (Welser 1598) ---
Bild (MSI 2025) ---
Großraum:

Oberhalb Rhein/Donau

Toponym Typus:

Region

Planquadrat:

1A4 / 1A5

Farbe des Toponyms:

rot

Vignette Typus :

---

Itinerar (ed. Cuntz):

 

Alternativer Name (Lexika):

Franci (DNP)

RE:

Franci

Barrington Atlas:

Francia (10 C4)

TIR / TIB /sonstiges:

 

Miller:

FRANCIA

Levi:

 

Ravennat:

 

Ptolemaios (ed. Stückelberger / Grasshoff):

 

Plinius:

 

Strabo:

 

Datierung des Toponyms auf der TP:

Spätantike (ab Diokletian & 4. Jh.)

Begründung zur Datierung:

"Francia" ist erstmals 375 n. Chr. bei Auson. belegt Vgl. Kommentar.

Kommentar zum Toponym:

Anders als bei den Begriffen CHAMAVI, BVRCTVRI oder MARCOMANNI handelt es sich bei FRANCIA nicht um ein Ethnikon, sondern um die Bezeichnung des Territoriums, in dem eine entsprechend - vielleicht mit einer Sammelbezeichnung - benannte Gruppe (eine größere Stammeskonföderation) ihre Wohnsitze hatte, ebenso wie es z.B. auch bei ALAMANNIA oder SVEVIA der Fall ist. Der Eintrag FRANCIA dürfte nicht vor Ende des 3.Jh. n.Chr. anzusetzen sein, sondern am ehesten im 4.Jh. oder auch erst Anfang des 5.Jh.: Der früheste Hinweis stammt von Zonaras, der sie für den Zeitraum um 257-259 als Φράγγοι erwähnt (Bleckmann, Zonaras, 222-224); als Franci werden sie erstmals in einem Panegyricus auf Diokletian von 291 genannt (Paneg. Lat. 11[3],5,4; 7,2), 294 vertrieb Constantius I. die Franci aus der Batavia, der römischen Provinz Belgica. Anfang des 4.Jh. sind sie in der Veroneser Völkertafel bezeugt (13, 20 Seeck 251: Franci), ca. 50 Jahre später in den Caesares des Aurelius Victor (Aur. Vict. 33, 3: Francorum gentes) und Ende des 4./5.Jh. bei Julius Honorius (38A, p. 45 GLM Riese: Franci gens). Im Lauf des 5.Jh. bildeten sich offenbar aus mehreren gentilen Kleinverbänden (vgl. die in Aur. Vict. 33, 3 genannten Francorum gentes) größere als Franci bezeichnete Formationen mit einem rex an der Spitze (zusammenfassend auch zur Forschungsdiskussion der Ethnogenese der Franken vgl. Springer 1998; Siegmund 2012, 13f.). Mit den Franken verschmolzen sind im 4. Jahrhundert die inzwischen romanisierten Batavi, die (anders als ihr Siedlungsgebiet, die Batavia) auf der Tabula Peutingeriana nicht eingetragen sind. Die Notitia Dignitatum aus dem 4./5.Jh. n.Chr. bezeugt Franci in römischen Diensten (Not. Dign. Or. 31, 51: Ala prima Francorum, contra Apollonos; 31, 67: cohors VII Francorum, Diospoli; 32, 35: Ala prima Francorum, Cunna; 36, 33: Ala octaua Flauia Francorum; Occ. 42, 36: Praefectus laetorum Francorum). Die Tabula Peutingeriana, einer der ältesten Belege für den Namen der Franken, zeigt FRANCIA gegenüber des auf der linken Rheinseite gelegenen Batavergebietes mit dem oppidum Batavorum (Nijmegen), also dem von Trajan neugegründeten Ulpia Noviomagus Batavorum; als Noviomagi, also Noviomagus, findet sich der Ort auf der Tabula. ALAMANNIA wäre frühestens in die zweite Häfte des 4.Jh. n.Chr. zu datieren. Als Besatzungssoldaten in römischen Diensten sind die Franci der Notitia Dignitatum zufolge in Ägypten stationiert (Not. Dign. Or. 31, 67: cohors septima Francorum, Diospoli; 31, 51: Ala prima Francorum, contra Apollonos). - Vgl. CHAMAVI· QVIe˙LPRANCI·, BVRCTVRI·, ALAMANNIA·, M.ARCOMANNI·, Nouiomagi·, P·ATAVIA, Diospoli· Qvetibe· und Apollonos·.

Anmerkung Diederich:
Der Gebiets- bzw. Kollektivname "Francia" ist belegt seit Auson. Mosella 434, 375 n. Chr. (Accedent uires, quas Francia quasque Chamaues / Germanique tremant); Auson. precatio 1,34, kurz vor 379 n. Chr. (qua Francia mixta Suebis / certat ad obsequium) und Hieron. Vita sancti Hilarionis 13, p. 102 Bastiaensen, ca. 390 n. Chr. (inter Saxones quippe et Alemannos gens eius, non tam lata quam ualida, apud historicos Germania, nunc Francia uocatur).

Miller, Itineraria, Sp. 613:
FRANCIA, rot, große Buchstaben, bis gegen Köln hin, also Gesamtname der Völker am Niederrhein, eine Bedeutung, welche diesem Namen, welcher unter Alexander Severus um 241 oder von Aurelian, als Tribun besiegt, zwischen 242 und 246 (Vopiscus) zuerst genannt wird, erst geraume Zeit nach Valerian und Gallien zukommen kann; die Annales Francici des Gregorius Tur. Beginnen von 255 an (S. Müllenhoff, Weltk. S. 4).

Datierung (Barrington):
Francia - Roman/ Late Antique (RE Franci)
§ Franci

DNP:
Franci
(Franken). Aus wirtschaftlichen und kultischen Gemeinsamkeiten sowie Verschwägerung der Fürsten langsam entstandener, anfangs lockerer Bund kleinerer rechtsrheinischer Germanenstämme - so z.B. der Am(p)sivarii, Bructeri, Chamavi, Chattuarii, evtl. Chatti, deren Ethnika neben dem seit dem 3. Jh. n.Chr. gebrauchten Gesamtnamen (Paneg. 11,5,4; 7,2; etym. “die Kampfbegierigen”, “die Verwegenen”) fortlebten (s. Tab. Peut. 2,1-3). Seit Anf. 4. Jh. ist auch Francia bezeugt.
Seit ca. 260 n.Chr. stießen F. immer wieder plündernd bis nach Süd-Gallia und Hispania vor (Aur. Vict. 33,3), dienten aber früh, bes. seit Constantinus [1] d.Gr., auch im röm. Heer (des Postumus: SHA Gall. 7,1), wo sie es im 4. Jh. zu höchsten Kommandos brachten [1. 199-201]. Schon 275/6 wurde Trier (Augusta [6] Treverorum) Opfer z.B. der F., Carausius errichtete mit ihrer Hilfe sein Sonderreich; fränkische Piraten verunsicherten (teilweise mit Saxones) die Nordsee. Maximianus und Constantius siedelten erstmals F. auf Gebieten von Nord-Gallia als Laeti an. Nach relativer Ruhe in constantinischer Zeit (röm. Reaktionen unter Crispus 320/1; Constans 341/2) veränderte die Usurpation des Magnentius die Rheinfront wesentlich; 355 wurde Köln (Colonia Agrippinensis) zerstört. Iulianus klärte bis 360 die Lage, siedelte salische F. (Salii) in Toxandria an [2] und leitete durch diese Assimilationspolitik deren Absonderung ein. Die Usurpation des Maximus brachte neue Verwüstungen um Colonia Agrippinensis, der fränk. Heermeister Arbogastes bekämpfte Bructeri und Chamavi und erneuerte, wie später Stilicho, Verträge [3]. Seit 406/7 wurde die Situation an der Rheingrenze noch unsicherer, wobei F. röm. Verteidigungsaufgaben übernahmen, aber auch Usurpatoren wie Constantinus III. und Iovinus unterstützten. Zunehmend hoben sich die rhein. F. (Ripuarii) von den Salii ab. Aëtius [2] bezwang die niederrheinischen F., die spätestens seit 423 um Colonia Agrippinensis und Vetera siedelten, und schloß neue foedera; 445 besiegte er noch einmal die sich unter König Chlodio entfaltenden Salii und ließ sie um Tournai als Föderaten siedeln. Nach 455 wurde der Rhein auf breiter Front von rechtsrheinischen F. überrannt, die Mogontiacum (Mainz), ferner - im Verein mit den niederrheinischen F. - Colonia Agrippinensis nahmen (456) und sich später bei Hinwendung zu dem das gall. Heermeistertum verwaltenden Burgunderkönig verselbständigten. Dagegen nahm unter Childerich (456) die Bildung des salfränkischen Reiches im Bündnis mit den letzten röm. Machtträgern Aegidius und Syagrius Gestalt an. Seit Childerichs Sohn Chlodovechus (481/2) ist die Gesch. der F. kontinuierlich verfolgbar [4].
Dietz, Karlheinz (Würzburg)

Kommentar (Diederich):
Hier jenseits des Rheins liegt links von den Burcturi auch Francia (Segment 1A4/5). Im Abgleich mit den antiken Quellen wäre der TP-Eintrag wohl ab dem Ende des 3. Jahrhunderts anzusetzen, am ehesten im 4. Jahrhundert oder erst Anfang des 5. Jahrhunderts (Die früheste Erwähnung erfolgt für den Zeitraum um 257-259 durch Zonaras (Φράγγοι) (Bleckmann 1992, 222-224); als Franci erscheinen sie erstmals in einem Panegyricus auf Diokletian von 291 (Paneg. Lat. 11[3], 5, 4; 11[3], 7, 2). 294 vertrieb Constantius I. die Franci aus der Batavia. Anfang des 4. Jhs. sind sie
im Laterculus Veronensis gelistet unter den Gentes barbarae, quae pullulaverunt sub imperatoribus (Lat. Veron. 13, 20, 251; Seeck 1876, 247-251), ca. 50 Jahre später bei Aur. Vict. Caes.
33, 3 (Francorum gentes) und Ende des 4./5. Jhs. bei Iulius Honorius (38A, p. 45 GLM Riese: Franci gens). Im Laufe des 5. Jhs. bildeten sich offenbar aus mehreren gentilen Kleinverbänden
(vgl. Aur. Vict. Caes. 33, 3: Francorum gentes) größere, als Franci bezeichnete Formationen mit einem rex an der Spitze. Die Notitia Dignitatum aus dem 4./5. Jh. verzeichnet Franci in
römischen Diensten (Not. dign. or. 31, 51), s. Schuol 2020b.), also in einer Zeit, in der die Franken in der Realität auch links des Rheins zu einer wichtigen politischen Größe aufgestiegen waren. Im Gegensatz zu den meisten anderen Germanenstämmen sind die Franken hier nicht durch ein Ethnonym bezeichnet (Sie erscheinen vielleicht noch einmal als CHAMAVI QVIELPRANCI
in Segment 1A1-1A3, s. Liccardo 2020, 153.), sondern durch den Gebietsnamen FRANCIA in großen roten Lettern, der dem Stammesbund sein Gebiet klar und deutlich dort zuweist, wohin er nach römischem Verständnis gehört, nämlich in das wüste Ödland jenseits des Rheins. Wie oft auf der TP dient die Platzierung der Ethnonyme auch hier dazu, eine klare Scheidung zwischen dem Imperium und anderen Völkern, zwischen Römertum und »otherness«, sinnfällig zu machen (Siehe Liccardo 2020).

Literatur:

Maximilian Ihm, in: RE VII / 1, 1910, 82-87 s.v. Franci; Miller, Itineraria, 613; Hermann Ament et al., in: RGA 9, 1995, 373-461 s.v. Franken; Matthias Springer, Riparii - Ribuarier - Rheinfranken nebst einigen Bemerkungen zum Geographen von Ravenna, in: Dieter Geuenich (Hrsg.), Die Franken und die Alemannen bis zur „Schlacht von Zülpich“ (496/497), Berlin 1998 (= Ergänzungsbände zum Reallexikon der Germanischen Altertumskunde 19), 200-269; Karl Strobel, Untersuchung zur Geschichte und historischen Geograpahie, 131f. 132-135 (zu Alemannia); Eugen Ewig, Die Merowinger und das Frankenreich, Stuttgart 2006 (5. Aufl.); Ders., Die Franken und Rom (3.–5. Jahrhundert). Versuch einer Übersicht, in: Rheinische Vierteljahresblätter 71, 2007, 1-42; Frank Siegmund, Alemannen und Franken, Berlin 2000 (= Ergänzungsbände zum Reallexikon der Germanischen Altertumskunde 23); Ulrich Nonn, Die Franken, Stuttgart 2010; Bernhard Jussen, Die Franken. Geschichte, Gesellschaft, Kultur, München 2014; Reinhard Schneider, Das Frankenreich, Berlin 2014.

Bibliography
1 R. MacMullen, Corruption and the decline of Rome, 1988
2 P. Barceló, Roms auswärtige Beziehungen unter der Constantinischen Dynastie, 1981
3 B. Gutmann, Studien zur röm. Außenpolitik in der Spätant., 1991
4 H. Ament u.a., s.v. F., Frankenreich, LMA 4, 689-728.
H. Beck, H.H. Anton u.a., s.v. F., RGA 9, 373-461
A. Wieczorek, P. Périn, W. Menghin, K. v. Welck (Hrsg.), Die Franken - Wegbereiter Europas, 1997.
Diederich, Siedlungsraum, S. 25.

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Letzte Bearbeitung:

15.05.2023 18:57


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