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Ausschnitt aus der Tabula Peutingeriana - Rom

Tabula Peutingeriana – Einzelanzeige

Toponym TP (aufgelöst):

Bvrctvri (Burcturi)

Name (modern):

 

Bild:
Zum Bildausschnitt auf der gesamten TP
Toponym vorher
Toponym nachher
Alternatives Bild ---
Bild (Barrington 2000)
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Bild (Welser 1598) ---
Bild (MSI 2025) ---
Großraum:

Oberhalb Rhein/Donau

Toponym Typus:

Ethnikon

Planquadrat:

2A1 / 2A2

Farbe des Toponyms:

rot

Vignette Typus :

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Itinerar (ed. Cuntz):

 

Alternativer Name (Lexika):

Bructeri (DNP)

RE:

Bructeri

Barrington Atlas:

Bructeri (10 D5)

TIR / TIB /sonstiges:

 

Miller:

Burcturi

Levi:

 

Ravennat:

 

Ptolemaios (ed. Stückelberger / Grasshoff):

Βουσάκτεροι (Ἀβρούκτεροι) οἱ Μικροί (2,11,8); Βοθσακτέροι (Βουκτέρους) (2,11,11); Βουσάκτεροι (Βούκτεροι) οἱ Μείζους (2,11,16)

Plinius:

 

Strabo:

 

Datierung des Toponyms auf der TP:

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Begründung zur Datierung:

 

Kommentar zum Toponym:

Die BVRCTVRI sind mit den Brukterern gleichzusetzen (Strab. 7, 1, 3 [290. 291]. 4 [292]: Βρούκτεροι; Tac. 1, 60; hist. hist. 4, 21. 61. 65. 77; 5, 18. 22; Germ. 33, 1: Bructeri; Plin. epist. 2, 7, 2: Bructerum rex; Ptol. 2, 11, 8: Βουσάκτεροι [Ἀβρούκτεροι] οἱ Μικροὶ; 2, 11, 11: Βουσάκτεροι [Βούκτεροι]; 2, 11, 16; Βουσάκτεροι [Βούκτεροι] οἱ Μείζους; Not. Dign. Occ. 5, 39. 187: Bructeri; 7, 69: Brocteri; Sulpicius Alexander im Zitat bei Greg. Tur 2, 9: Bricteri; Veroneser Völkertafel 13, 15 [Seeck 251]: Bructeri). Die Form BVRCTVRI ist meines Erachtens nicht, wie Ihm (RE III/1, 901) annimmt, zu den „späteren vulgären Formen“ zu rechnen ist, sondern eher als Kopierfehler anzusprechen; dass es von der älteren Form Bructeri aber deutlich abweichende Varianten gegeben haben muss, bezeugen z.B. auch eine Inschrift des 4./5.Jh. n.Chr. (CIL 5, 8768: miles e numero Brucherum) und für denselben Zeitraum die Notitia Dignitatum (Occ. 7, 69: Brocteri; vgl. aber auch Occ. 5, 39. 187: Bructeri). Auf der Tabula Peutingeriana erscheinen die Brukterer ebenso wie das weiter westlich platzierte Gebiet der Franken (FRANCIA) sowie z.B. die Gruppen der Chauci, Cherusci und Chamavi (scheinbar) am Meer. Diese geographische Zuordnung ist sicherlich der großen Ost-/West-Verzerrung der Landmassen auf der Tabula Peutingeriana geschuldet, die für die Darstellung des geographischen Raumes zwischen Rhein und Küste nicht mehr als einem schmalen Streifen Platz bietet und daher eine extrem langgestreckte Germania Magna zeigt. Die äußerst unbestimmt wirkende Küstenzone dürfte zugleich den hellenistischen Wissenstand wiederspiegeln und entspricht der Form der Oikumene, wie sie sich aus Eratosthenes rekonstruieren lässt und wie ihn z.B. Strabo (7, 2, 4 [294]) mitteilt. Ihm zufolge wohnen die nördlichen Germanen am Ozean zwischen Rheinmündung Elbe, die Regionen „jenseits der Elbe am Ozean“ (πέραν τοῦ Ἄλβιος) seien „ganz und gar unbekannt“ (παντάπασιν ἄγνωστα). Der Ozean markiert hier also - wie dieser Strabo-Passus über die östlich der Elbe liegenden Gebiete zeigt - das Ende der bekannten Welt. Die Abgeschiedenheit und Unwegsamkeit dieser Regionen unterstreicht Strabo in der Fortsetzung dieses Gedankenganges mit der Bemerkung, dass es dort keine „geraden Straßen“ (εὐθυπορούσας τὰς ὁδούς) gebe und man deshalb „muss man durch das krause, sumpfige und waldige Land viele Umwege machen“ (διὰ σκολιᾶς καὶ ἑλώδους καὶ δρυμῶν κυκλοπορεῖν ἀναγκη) machen müsse (7, 2, 4 [292, Übers. Radt, Strabons Geographika 2, 241]). Die Siedlungsgebiete der Brukterer lagen ursprünglich zwischen Ems und oberer Lippe. Sie gehörten zu den germanischen Stämmen, die Drusus 12 v.Chr. unterwarf und die 9 n.Chr. an der Varusschlacht beteiligt waren. Sie beteiligten sich am immensum bellum 1-5 n.Chr. und am Civilis-Aufstand 69/70 n.Chr. und waren somit nicht nur ein symbolisches den römischen Angriffswillen immer wieder herausfordernden Volk, das in der Schlacht am Teutoburger Wald den Legionsadler der 19. Legion erbeutet hatte, sondern tätsächlich einer der gefährlichsten Gegner Roms war. Teilweise vernichtet und daher geschwächt nach einer Niederlage gegen die Chamavi und Angrivarii siedelten sie Ende des 1./Anfang des 2.Jh. n.Chr. südlich der Lippe, um sich im 3.Jh. über ein größeres rechtsrheinisches Terrain auszudehnen. Im 4.Jh. im Vorland von Köln sind sie im Neuwieder Becken ansässig. Zumindest Teilverbände der Bructeri waren im 3./4. Jh. an der fränkischen Ethnogenese beteiligt, im 5.Jh. bezeichnet Sulpicius Alexander sie als Franci (im Zitat bei Greg. Tur 2, 9: Bricteri). - Vgl. auch HACI· (Chauci), CRHe˙PSTINI· (Cherusci), CHAMAVI· QVIe˙LPRANCI· und FRANCIA·.

Miller, Itineraria, Sp. 613-614:
Burcturi, rot, sollten neben den Chamavi stehen, sonst Bructeri und Brocteri; nach der ND eine Abteilung Hilfstruppen in Gallien. Im 1. Jahrhundert an beiden Ufern der Ems und im Quellgebiet der Ems und Lippe. Schon unter Nero wurde ihnen von den Nachbarn mit Hilfe der römischen Legionen ein König aufgenötigt; beteiligt an der batavischen Insurrektion a. 69, wo die Seherin Veleda gefangen wurde. Dann scheint ihre Macht gebrochen. Zu Konstantins Zeit treten sie wieder auf; nach Paneg. VII a. 310 hat Konstantin plötzlich und unerwartet ein Heer über den Rhein geworfen und das Gebiet der Bructeri verheert. Sie waren wegen ihrer Grausamkeit und Treulosigkeit berüchtigt; ähnlich Nazarius a. 321. Claudianus de laudibus Stiliconis sagt Venit accola silvae Bructerus Hercyniae.
Die Ansetzung von Köln bis in die Nähe von Mainz legt den Gedanken nahe, dass eine Verwechslung mit den Burgundern vorliegen könnte, doch folgen die Burgunder auf S. V (s. u.), und die Lokalisierung ist nicht so streng zu verstehen.

Datierung (Barrington):
Bructeri – Roman/Late Antique (RGermAlt; NPauly)

DNP:
Bructeri
Germanisches Volk; etym. unklar, geteilt in “kleine” und “große” B. (Strab. 7,1,3f.; Ptol. 2,11,6f.; 9) zw. IJssel, Lippe und oberer Ems bzw. oberer Ems und Weser. Von Drusus 12 v.Chr. besiegt, am Kampf gegen Varus und mit ihrer Seherin Veleda am Bataveraufstand beteiligt, wurden sie um 98 n.Chr. durch die Chamavi und Angrivarii dezimiert und vertrieben (Tac. Germ. 33,1). Später erscheinen Bructuri zw. Köln und Koblenz am rechten Rheinufer (Tab. Peut. 3,1; Laterculus Veronensis 13), wo Constantin d. Gr. sie 310 besiegte. Bedeutsam im fränkischen Stammesverband, gaben sie dem pagus Borahtra zw. Lippe und Ruhr den Namen.
Dietz, Karlheinz (Würzburg)

Kommentar (Diederich):
In dem schmalen Streifen über dem Rhein liest man in Segment 2A1/2 in roten Lettern das Ethnonym
Burcturi (Die Namensform ist nur hier belegt, sonst meist Bructeri oder
Brocteri.). Die für ihre Grausamkeit berüchtigten Bructeri gehörten zu den Stämmen, die Drusus 12 v. Chr. unterwarf und die 9 n. Chr. an der Varusschlacht beteiligt waren, ebenso wie am Krieg von 1-5 n. Chr. und Zwischen Machtzentren und Produktionsorten am Civilis-Aufstand 69/70 n. Chr. Dieses die Römer immer wieder herausfordernde Volk, das in der Schlacht am Teutoburger Wald den Legionsadler der 19. Legion erbeutet hatte, war einer der gefährlichsten Gegner Roms. Geschwächt nach einer Niederlage gegen die Chamavi und Angrivarii siedelten sie Ende des 1. / Anfang des 2. Jahrhunderts südlich der Lippe, um sich im 3. Jahrhundert über ein größeres rechtsrheinisches Terrain auszudehnen. Zumindest Teilverbände waren im 3./4. Jahrhundert an der fränkischen Ethnogenese beteiligt. Ihre auf der TP angedeutete Lage im Vorland von Köln bzw. im Neuwieder Becken spiegelt den Stand des 4. Jahrhunderts wider (Siehe Schuol 2020a.). Auf der TP erscheint dieser bedrohliche Stamm, wie die anderen Germanenvölker, eingezwängt auf dem schmalen, unwegsamen, wilden Landstreifen (Siehe Strab. geogr. 7, 2, 4.) zwischen dem Rhein und dem eisigen nördlichen Ozean, der die Oikumene begrenzt, und der, wie Rathmann (Siehe Rathmann 2011/2012, 99-100; 2016, 356-357; 2018, 14-15.) konstatiert, eigentlich noch dem Wissensstand des Frühhellenismus zu Germanien entspricht.

Literatur:

Maximilian Ihm, in: RE III/1, 1897, 899-901 s.v. Bructeri; Miller, Itineraria, Sp. 613-614; Günter Neumann/Harald von Petrikovits/Rafael von Uslar, in: RGA 4 (2. Aufl.), 1981, 581-586 s.v. Brukterer; Karlheinz Dietz, in: DNP 2, 1997, 795f.; Stefan Radt (Hrsg.), Strabons Geographika. Mit Übersetzung und Kommentar, Band 2: Buch V-VIII, Göttingen 2003, 241; Eugen Ewig, Die Merowinger und das Frankenreich, Stuttgart 2006 (5. Aufl.), 9f.; Klaus-Peter Johne, Die Römer an der Elbe. Das Stromgebiet der Elbe im geographischen Weltbild und im politischen Bewusstsein der griechisch-römischen Bewusstsein der Antike, Berlin 2006, 137. 184-187. 193; Ulrich Nonn, Die Franken, Stuttgart 2010, 20-23.

Bibliography
G. Neumann et al., s.v. Brukterer, RGA 3, 581-586
W. Will, Roms “Klientel-Randstaaten” am Rhein? Eine Bestandsaufnahme, in: BJ 187, 1987, 1-61, bes. 38-44
D. Timpe, Romano-Germanica, 1995, 203-228.
Diederich, Siedlungsraum, S.24f.

   [Standard-Literatur-Liste im PDF-Format]

Letzte Bearbeitung:

06.01.2023 14:09


Cite this page:
https://tp-online.ku.de/einzelanzeige.php?id=2031 [zuletzt aufgerufen am 30.11.2024]

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