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Ausschnitt aus der Tabula Peutingeriana - Rom

Tabula Peutingeriana – Einzelanzeige

Toponym TP (aufgelöst):

Tyconpoli

Name (modern):

Siût, Assiût (Miller)/Asyut (Barrington)

Bild:
Zum Bildausschnitt auf der gesamten TP
Toponym vorher -     Panopoli     
Toponym nachher XII     Antino     
Alternatives Bild ---
Bild (Barrington)
Pleiades https://pleiades.stoa.org/places/ 756593
Großraum:

Ägypten/Nil/Äthiopien

Toponym Typus:

Ortsname mit Symbol

Planquadrat:

8C3

Farbe des Toponyms:

schwarz

Vignette Typus :

A Doppelturm

Itinerar (ed. Cuntz):

Lyco (157,6)

Alternativer Name (Lexika):

Lykon, Lycon; Lykonpolis (DNP)

RE:

Lykonpolis

Barrington Atlas:

Lykopolis (77 E2)

TIR / TIB /sonstiges:

 

Miller:

Tyconpoli

Levi:

Tyconpoli (A,II,1)

Ravennat:

Lucopolis (p. 35.53)

Ptolemaios (ed. Stückelberger / Grasshoff):

μητρόπολις Λύκων πόλις (4,5,63)

Plinius:

 

Strabo:

 

Datierung des Toponyms auf der TP:

Kaiserzeit (2. Jh.)

Begründung zur Datierung:

Mit gewisser Vorsicht ist die Überarbeitung der Karte an dieser Stelle einem kaiserzeitlichen Kopisten des 2. oder Jh. n.Chr. zuzuordnen, denn das Toponym ist ebenso wie andere Orte in Ägypten in Texten aus dieser Zeit gut bezeugt.

Kommentar zum Toponym:

Tyconpoli ist identisch mit Lykonpolis, das, wie auf der Tabula Peutingeriana dargestellt, auf dem westlichen Nilufer liegt. Von dort zweigt ein Seitenarm des Nil (Bahr Yusuf) ins Fayyum ab, der in der hellenistisch-römischen Zeit als Tomis (Τῶμις ποταμός) bezeichnet wird (vgl. z.B. eine Quittung für den Gaustrategen des Oxyrhynites über den Transport von Steuergetreide nach Alexandria aus dem Jahr 212 n. Chr.: P. Oxy. 10, 1259, 5-12; vgl. dazu Kruse, Der königliche Schreiber, 342f.), sich bei Ptolemais Hormou in den Zufluss des Fayyum und in den Memphis-Kanal teilte. Diese wichtige nach Norden führende Wasserstraße ist mit der über über Oxyrhynchos, Takona und Herakleopolis führenden Route auch auf der Tabula Peutingeriana dargestellt; die weiter westlich eingezeichnete Straße über Antino (Antinoupolis) und Acori (Akoris) nach Memphis ist die östliche Niluferstraße, müsste also auf der anderen Seite des Flusses platziert werden. Das benachbarte Panopolis hingegen befindet sich auf dem Ostufer des Nil. Auf der Miller-Karte ist der Ortsname falsch mit Tyonpoli angegeben; auf dem Original (überprüft am 20.9.2019) und dementsprechend in den Editionen von Welser (1598) und Scheyb (1753) sowie in Millers Itineraria (867) wird das Toponym aber korrekt mit Tyconpoli wiedergegeben. Es handelt sich hier also ausschließlich um einen Fehler in der Miller-Faksimile. Die Verwechslung von L und T dürfte auf mitunter ähnliche Varianten der beiden Buchstaben in der mittelalterlichen Paläographie zurückzuführen und vielleicht der letzten Kopierstufe zuzuordnen sein, vgl. auf der Tabula Peutingeriana etwa das L mit Querbalken in den Toponymen Lvca (2B1, Lvca·), Fl(umen) Labonia (2B4, Fl? Labonia·), Lepteminus (5C3, Lepteminus·), Lacene (5C5, Lacene·), Laminie (6A1, Laminie·), LVPIONES·SARMATE (6A4, LVPIONES·SARMATE·), Larissa (6B4, Larissa·), NATIOS·ELO(rum) (6C5, Natiose˙Lor·), Largiana (7A3, Largiana·), Liso (7B5, Liso·) und Laudiciaca tacecaumeno (8B5, Laudiciaca· tacecaumeno·) sowie im Ethnonym LAZI (8A3, LAZI·). Am häufigsten bezeugt ist in den griechischen und lateinischen literarischen Texten sowie in den papyrologischen Zeugnissen ägyptischer Provenienz das Toponym Λύκων πόλις;, vgl. z.B. SB 4, 7403 [8.12.239 v.Chr.], 31; P. Mil. 1, 2 [126/5 v.Chr.], 33; I. Louvre 93 [1.Jh. n.Chr.], 1; P. Giss. 1, 10 [2.10.118 n.Chr.], 14; SB 16, 12505 [23.10.221 n.Chr.], 5; P. Lips. 1, 58 [8.10.371 n.Chr.], 2; Agatharchides, de mar. Erythr. 22; Strab. 17, 1, 19 [802]; 17, 4, 1 [813]; Ptol. 4, 5, 63). Weitaus seltener bezeugt sind auch die Formen Λύκων (P. L. Bat. 25, 81 [2.Jh. v.Chr.], 11; P. Giss. 1, 10 [2.10.118 n.Chr.], 14; SB 4, 7436 [575-599 n.Chr.], 1. 3; Plin. nat 5, 61: Lycon; Eustath. ad Dion per. 251; Steph. Byz.; Hierokles, Synekdemos 731) und Λυκώ (SB 5, 7708 [2./3.Jh. n.Chr.], 3; P. Abinn. 42 [325-375 n.Chr.], 9; ItAnt 157, 6: Lyco).
Auf Grund seiner Lage an einer Engstelle des Nil (daher der altägyptische Name s3wtj „Wächter“) war Lykonpolis bedeutsam sowohl als Grenzpunkt Oberägyptens als auch als erster größerer Ort in der Thebais, von dem aus eine Route in die westlich des Nils gelegenen, wirtschaftlich und militärisch-strategisch wichtigen Oasen führte. Die dort verehrten Hauptgottheiten sind Anubis und Upuaut, daher das ptolemäerzeitliche Toponym Lykonpolis „Stadt der Hunde/Wölfe“. An den Abhängen des westlich der Stadt gelegenen Kalksteinmassivs (Gebel Asyut al-gharbi) findet sich die Nekropole mit Gaufürstengräbern der Ersten Zwischenzeit (ca. 2145-2025 v.Chr.) und des Mittleren Reiches (ca. 2025-1793 v.Chr.) sowie ein Tierfriedhof (z.B. mumifizierte Hunde). In der Spätantike entwickelte sich der Ort zu einem Zentrum der koptischen Christen, in der Umgebung wurden zahlreiche Klöster gegründet, in der Nekropole siedelten sich Mönche (darunter auch Johannes von Lykopolis) an. Eine der bedeutendsten spätantiken Bischofsgestalten war Meletius († um 327 n.Chr.). Das auf der Tabula Peutingeriana über Tyconpoli, also zwischen der Nilroute und der vom Delta nach Westen führenden Küstenroute, eingezeichnete Gebirge stellt eventuell die in der antiken Literatur bezeugten Libyschen Berge dar (Hdt. 2, 8: Λιβυκὸν ὄρη; Strab. 17, 1, 53 [819]: Λιβυκὰ ὄρη; Ptol. 4, 5, 19: Λιβυκὰ ὄρη; BAtlas 75 C3), die das Niltal im Westen begrenzen und bei manchen antiken Autoren (Plin. nat. 3, 3; Mela 1, 8. 20; Eusthat. ad. Dion. Per. 229; Arr. an. 3, 30, 9; Agathemeros 1, 3. 10; Prok. aed. 6, 1; 8, 6, 2) die Grenze zwischen Ägypten und Libyen, d.h. zwischen Asien und Afrika, markieren. Es könnte aber auch der Mons Catabathmon gemeint sein (Orosius 1, 2, 88: montes Catabathmon; Honor. Aug. 1, 30; Mart. Capella 6, 672; Hieronymus-Karte; Sawley Map; clm 10058; Ebstorfer Weltkarte 34/20: Mons Catabathmon). - Vgl. auch Panopolis: Panopoli·, Antino· und Acori·.

Miller, Itineraria, Sp. 867-868:
Tyconpoli, Lyco (It); cf. Lucopolis (Ra – est Lycopolis Aegypti inferioris), Lyco (ND), it. (IT), Λυκόπολις η Λυκώνπολις (Pt, St, Diod, Ael), Lycon (It Ant), Lyco (Hi), südöstlich von Hermopolis, am westlichen Nilufer, Hauptstadt des Nomos Lycopolites, bedeutend wegen der Karawanenstraßen zu den Oasen der Lybischen Wüste; j. Siût, Assiût. Unbedeutende Reste der Stadt, berühmte Felsengräber. Im It 158-162 ist die Fortsetzung der linksufrigen Straße gegeben.
Von Lyco bis Apollonos minoris 18 [hat mit Apollinopolis Parava (St, Pt, Steph, Hl), j. Kus, nichts zu tun]; j. bei El Duer;
Hisopis 20; j. bei Tuali. Ruinen;
Ptolomaida 22, Ptolemais (St, Hl, Pl), - Hermu (Pt), einst die größte Stadt in der Thebais, so groß als Memphis (St); j. El Menschije, mit spärlichen Trümmern;
Abydo 22, Abydus (St, Pt, Steph, Pl), einer der ältesten Städte Ägyptens, Verehrung des hundegestaltigen Totengottes mit dem Memnonium, Tempel Sethos I. (St, Am); j. El Araba; der Sethos-Tempel ist wieder freigelegt;

Datierung (Barrington):
Lykopolis/ - Hellenistic/Roman/Late Antique
Siout - Late Antique
(Timm 1, 235-51; C-D Suppl. 1, 188)

DNP:
Lykonpolis

(λύκων πόλις, “Wolfs-Stadt”). Stadt auf dem westl. Nilufer ca. 400 km stromauf von Kairo, das h. Asyūṭ, äg. swtj (“Wächter”), assyr. siāutu, Hauptstadt des 13. oberäg. Gaus. Durch seine Lage an einer Stromenge bildete es die Grenze des eigentlichen Oberäg. und hatte deshalb (und als Ausgangspunkt einer Karawanenstraße in die westl. Oasen) bes. strategische Bedeutung. In der 1. Zwischenzeit (ca. 2190-1990 v.Chr.) war es Hauptbollwerk gegen die Expansion der thebanischen Herrscher nach Norden. Die Gräber dieser Zeit und der anschließenden 12. Dyn. machen den Großteil der arch. Relikte von L. aus. Die Inschr. dieser Gräber galten in späterer Zeit aus unbekannten Gründen als vorbildliche Texte; sie sind bis in das 2. Jh.n.Chr. kopiert und exzerpiert worden. Hauptgott von L. war der canidenköpfige Upuaut (Hund oder Schakal), dessen Darstellung die Griechen als Wolf deuteten. Seit dem NR hat man ein altes Fürstengrab als Beisetzungsplatz für Hundemumien genutzt, in dem auch ca. 600 Votivstelen gefunden wurden. L. ist die Geburtsstadt des Plotinos. Schon im 3. Jh. war es Bistum und in byz. Zeit eines der bedeutensten Zentren des Christentums in Äg.

Koptisch

Jansen-Winkeln, Karl (Berlin)

Literatur:

Miller, Itineraria, Sp. 867-868;

Hermann Kees, in: RE XIII/1, 1926, 148 s.v. Libyci montes; Ders., in: RE XIII/2, 1927, 2310-2312 s.v. Lykonpolis 1; Horst Beinlich, in: Lexikon der Ägyptologie 1, 1975, 489-495 s.v. Asiut; Stefan Timm, Das christlich-koptische Ägypten in arabischer Zeit, Band 1: A-C, Wiesbaden 1984 (= BTAVO B 41/1), 235-251 s.v. Asyūṭ; Karl Jansen-Winkeln, in: DNP 7, 1999, 151 s.v. Libyci montes; Ders., ebd., 567f. s.v. Lykonpolis; Federico, Poole, in: Kathryn A. Bard (Hrsg.), Encyclopedia of the Archaeology of Ancient Egypt, London 1999, 157-159 s.v. Asyut; Hans Bonnet, in: Lexikon der ägyptischen Religionsgeschichte, Hamburg 2000 (3.Aufl.), 429f. s.v. Lykopolis; Jochem Kahl / Ursula Verhoeven, Die „Wächter-Stadt“: Assiut - eine Stadt und ihre Metropole in Mittelägypten gewähren wieder Einblicke, in: Antike Welt 37, 2006, 65-72; Jochem Kahl, Asyut and The Asyut Project, in: Ders. / Mahmoud El-Khadfary / Ursula Verhoeven / Andrea Kilian (Hrsg.), Seven Seasons at Asyut. First Results of the Egyptian-German Coperation in Archaeological Fieldwork, Wiesbaden 2012 (= The Asyut Project 2), 1-30; Ders., Gebel Asyut al-gharbi in the First Millennium AD, in: Elisabeth R. O’Connell (Hrsg.), Egypt in the First Millennium AD. Perspektives from New Fieldwork, Leuven / Paris / Walpole (MA) 2014, 127-138; Chiori Kitagawa, The Tomb of the Dogs at Asyut: Faunal Remains and Other Selected Objects. With Contributions by Jochem Kahl and Günter Vittmann, Wiesbaden 2016 (= The Asyut Project 9); https://www.aegyptologie.uni-mainz.de/the-asyut-project-feldarbeiten-in-mittelaegyptenfieldwork-in-middle-egypt/ (zuletzt aufgerufen am 26.9.2019).

H. Beinlich, s.v. Assiut, LÄ 1, 489-495

S. Timm, Das christl.-kopt. Äg. in arab. Zeit, 1, 1984, 235-251, s.v. Aṣyūt.

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Letzte Bearbeitung:

25.08.2024 12:27


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https://tp-online.ku.de/trefferanzeige.php?id=2837 [zuletzt aufgerufen am 29.09.2024]

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