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Ausschnitt aus der Tabula Peutingeriana - Rom

Tabula Peutingeriana – Einzelanzeige

Toponym TP (aufgelöst):

In summo Pennino

Name (modern):

Col du Grand-St-Bernard (Barrington) / Le Plan de Joux (Miller)

Bild:
Zum Bildausschnitt auf der gesamten TP
Toponym vorher XXV     Octoduro     
Toponym nachher XIII     Eudracinum     
Alternatives Bild ---
Bild (Barrington)
Großraum:

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Toponym Typus:

Ortsname ohne Symbol

Planquadrat:

2A4

Farbe des Toponyms:

schwarz

Vignette Typus :

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Itinerar (ed. Cuntz):

Summo Penino (351,4)

Alternativer Name (Lexika):

summus Poeninus (DNP)

RE:

Alpis Poenina

Barrington Atlas:

Summus P(o)eninus (17 I2)

TIR / TIB /sonstiges:

Summus Poeninus, Poeninus Mons (TIR L 32, 129)

Miller:

In summo Pennino

Levi:

 

Ravennat:

 

Ptolemaios (ed. Stückelberger / Grasshoff):

Ἄλπεις Ποινίναι (Ποινίαι) (2,12,1; 3,1,1)

Plinius:

 

Strabo:

 

Datierung des Toponyms auf der TP:

Römische Republik

Begründung zur Datierung:

Auf Grund der Quellenlage ist die Aktualisierung der TP an dieser Stelle in die republikanische Zeit, spätestens in die Zeit Caesars, zu datieren (vgl. Kommentar).

Kommentar zum Toponym:

Großraum?

Der Eintrag In summo Pennino bezeichnet die Passhöhe des Großen St. Bernhard, vgl. auch Summus Poeninus (Liv. 5, 35, 2) und Summo Pennino (ItAnt 351, 4). Poeninum iter (Tac. hist. 1, 70, 3) bezeichnet die Route über den Pass. Das Gebirge ist in der kaiserzeitlichen und spätantiken Literatur unter dem Oronymen Poeninum iugum (Liv. 21, 38, 8f.; Tac. hist. 1, 61, 1), Ποινίνος (Strab. 4, 6, 7 ([205]. 11 [208]), Poeninus Mons (Sen. epist. 31, 9), Alpes Poeninae (Plin. nat. 3, 123; Amm. 15, 10, 9), Poeninae Alpes (Tac. hist. 87, 1; 4, 68), Ἄλπεις Ποινίναι (Ποινίαι) (Ptol. 2, 12, 1; 3, 1, 1), Ποινίναι (Zosim. 6, 3) und Alpis Poeninae (Isid. etym. XIV 8) bekannt.
Die Erwähnung des Summus Poeninus bei Livius setzt voraus, dass die Passhöhe bereits in republikanischer Zeit, spätestens im 1. Jh. v.Chr., unter diesem Namen bekannt war. Einige der an der Straße zum Summus Poeninus gelegenen Orte gehen auf Caesar zurück, so etwa die um 45 v.Chr. gegründete Colonia Iulia Equestris (Nyon) und wohl auch das bereits von Caesar selbst - als Schauplatz der Schlacht gegen die Gallier 57 v.Chr. - erwähnte Octodurus (Caes. Gall. 3, 1, 4; Oros. 6, 8, 2; vgl. auch Ptol. 2, 12, 5: Ὀκτόδουρον) mit dem späteren Beinamen Forum Claudii Augusti (nach der Neugründung mit latinischem Recht 47 n.Chr.); für letzteres hätte man für einen späteren Ansatz Forum Claudii Vallensium erwartet (Plin. nat. 3, 135: Forum Claudii Augusti).
Der Große St. Bernhard mit einer Passhöhe von 2473 m wurde bereits im Neolithikum und in der Latènezeit begangen. Zunächst wohl in erster Linie für den Warenverkehr relevant, erlangte dieser Alpenübergang ab der republikanischen Zeit zunehmend auch große militärische Bedeutung, denn er galt als die kürzeste Route von Italien ins nördliche Gallien, nach Rätien und an den Rhein. Der Bernhardpass fungierte also als strategisch wichtige Kommunikationslinie von Italien zu den großen römischen Legionsstandorten am Rhein. Das Wallis (Vallis Poenina) war also Durchzugsgebiet römischer Truppen, dementsprechend wurde die Sicherung dieser Region durch die Anlage römischer Kolonien vorangetrieben. Im Zusammenhang mit der römischen Expansion wurde der Summus Poeninus zuerst von Caesar (57 v.Chr.) genutzt (Caes. Gall. 3, 1-6; Strab. 4, 4, 6 [204]), ohne dass er diese Alpenquerung erobern konnte. Ein entsprechender Versuch - die Sicherung des Passes durch Caesars Legaten Servius Sulpicius Galba - war 57 v.Chr. unter großen Truppenverlusten bei Angriffen der einheimischen Veragri auf das römische Winterlager in Octodurus gescheitert und die Kriegskasse von den Salassern erbeutet worden (Strab. 4, 6, 6f. [204f.]; vgl. dazu G. Walser, Die militärische Bedeutung der Alpen in der Antike, 27f.). Erst unter Augustus, nach der militärischen Befestigung von Augusta Praetoria (Aosta) und Octodurus (Martigny) 24 v.Chr. kam der Pass unter römische Kontrolle, ohne dass der genaue Zeitpunkt bestimmbar wäre (Frei-Stolba, Die römische Schweiz, 352). Den Einheimischen blieb seitdem ein ungehinderter Durchzug verwehrt. Während des Alpenfeldzuges 15 v.Chr. erfolgten die Truppenbewegungen auch über andere Pässe (Reschen, Brenner, Septimer). Das eroberte Gebiet wurde zunächst einem legatus pro praetore bzw. einem praefectus Raetis Vindolicis Vallis Poeninae et levis armaturae unterstellt (CIL V 4919 = ILS 847; CIL IX 3044 = ILS 2689). Tiberius richtete zwischen 17 und 30 n.Chr. die Provinz Raetia et Vindelicia unter einem procurator Caesaris Augusti in Vindalicis et Raetis et in valle Poenina ein (AE 1902, 189 = ILS 90079.
Dass der Summus Poeninus als eine wichtige Verkehrsachse anzusprechen ist, belegen die Meilensteine mit der Bezeugung des Ausbaus des Passweges bis ins Jahr 47 n.Chr. unter Kaiser Claudius (z.B. CIL XII 5528 = Wiblé, Inscriptions, 40 Nr. 76; vgl. Wiblé, Inscriptions, 31-53 Nr. 65-78; Walser, Summus Poeninus, 50f.; Herzig, Römerstrassen in der Schweiz, 71-93; Mamin / Meylan, Inscriptions lapidaires, Nr. 10-13), entsprechende Maßnahmen sind auch durch literarische Zeugnisse überliefert (Sen. epist. 4, 2, 9; Plin. 3, 123); auch die im Tempelbereich (s. unten) auf der Passhöhe gelegenen mansiones zeugen von einem intensiven Reiseverkehr auf dieser Route und ebenso Münzfunde (Wiblé, Les monaies d’époque romaine). Ebenfalls unter Claudius erfolgte im Rhônetal bei dem Ort Octodurus die Anlage der Siedlung Forum Claudii Vallensium. Im Frühjahr 69 n.Chr. überquerte Vitellius mit seinen Truppen auf dem Weg nach Italien den Mons Poeninus (Tac. hist. 1, 61, 1; 1, 70, 3; 1, 87, 1 4, 68, 4); die dort gefundenen Militaria sind möglicherweise mit diesem Feldzug zu verbinden (Deschler-Erb, Die römische Armee). Die wichtigsten Zeugnisse für den Summus Poeninus sind Inschriften, vor allem die insgesamt 52 Votivtafeln und sonstige Opergaben aus dem Tempel für Jupiter Poeninus wenig südlich der Passhöhe aus dem Zeitraum von 1.Jh. v.Chr. bis ins 4.Jh. n.Chr. (Inscriptiones Italiae 11/1, 50-55. 55-105; Walser, Römische Militärinschriften; Ders., Summus Poeninus, 81-129 Nr. 1-51; Wiblé, Les tablets votives; Joris, I bronzetti figurate); verehrt wurde dort also ein offenbar ein lokaler Berggott (Liv. 21, 38, 9). Das Heiligtum wurde Augustinus zufolge 394 zerstört und die Plünderer von Theodosius I. belohnt (Aug. civ. 5, 29). Für die intensive Nutzung des Alpenüberganges noch in der Spätantike sprechen auch Ammianus Marcellinus (Amm. 15, 10, 9; 15, 10, 16) und Münzprägungen aus der Zeit Konstantins sowie aus der zweiten Hälfte des 4.Jh. n.Chr. (Wiblé, Les monaies d’époque romaine, 120-123). - Vgl. auch Colonia equestris, Lacum Losonne·, Octoduro·, Ostia Fluvii Rodani.

TIR
Summus Poeninus, Poeninus Mons (Gran San Bernardo) Alpes Poe. R. XI (It.-Sv.) Aosta-Ct. Valais III e
Mansio. It. Anton. (Summo Penino); Tab. peut. MP XXV da Octoduro, XIII da Eudracinum, XXV da Augusta Pretoria. Caes. B g III 1; Liv. V 35, XXI 38,6; Strabo IV 205 [Text]

Literatur:

Joseph Partsch, in: RE I / 2, 1894, 1608 s.v. Alpes 4 Alpis Poenina; Miller, Itineraria, 75; Peter Goessler, in: RE XVII / 2, 1937, 1868-1877 s.v. Octodurus; Gerold Walser, Zur römischen Verwaltung der Vallis Poenina, in: MH 31 / 3, 1974, 169-178; Regula Frei-Stolba, Die römische Schweiz. Ausgewählte staats- und verwaltungsrechtliche Probleme im Frühprinzipat, in: ANRW II 5 / 1, 1976, 288-403, hier 352; François Wiblé, Inscriptions latines du Valais antique, in: Vallesia 33, 1978, 31-53 Nr. 65-78; Gerold Walser, Römische Militärinschriften vom Großen St. Bernhard, in: Archäologie der Schweiz 6, 1983, 15-29; Ders., Summus Poeninus. Beiträge zur Geschichte des Großen St. Bernhard-Passes in römischer Zeit, Wiesbaden 1984 (= Hist.-E. 46), 50f.; Ludwig Pauli, Einheimische Götter und Opferbräuche im Alpenraum, in: ANRW II 18 / 1, 1986, 816-871, hier 820-825; Gerold Walser, Via per Alpes Graias. Beiträge zur Geschichte des Kleinen St. Bernhard-Passes in römischer Zeit, Stuttgart 1986 (= Hist.-E. 46); Ders., Die militärische Bedeutung der Alpen in der Antike, in: Ders., Studien zur Alpengeschichte in antiker Zeit, Stuttgart 1994 (= Hist.-E. 86), 9-47; Ders., Der Jupitertempel auf dem Grossen St.-Bernhard, ebd., 101-107; Patrick Hunt, Summus Poeninus on the Grand St Bernhard Pass, in: JRA 11, 1998, 265-274; Gerold Walser, Bellum Helveticum. Studien zum Beginn der Caesarischen Eroberung von Gallien, Stuttgart 1998 (= Hist.-E. 118); Herbert Graßl, in: DNP 8, 2000, 384 s.v. Mons Poeninus; Ders., ebd., 1102 s.v. Octodurus; Robert Rollinger, Raetiam autem et Vindelicos ac Noricos Pannoniamque et Scordiscos novas imperio nostro subiunxit provincias. Oder: Wann wurde Raetien (einschließlich Noricums und Pannoniens) als römische Provinz eingerichtet? Eine Studie zu Vell. 2,38f., in: Peter W. Haider / Robert Rollinger (Hrg.), Althistorische Studien im Spannungsfeld zwischen Universal- und Wissenschaftsgeschichte. Festschrift für Franz Hampl zum 90. Geburtstag, Stuttgart 2001, 267-315; François Wiblé, Il ruolo della strada del Gran San Bernhardo nella storia del Valles romano (Vallis Poenina), in: Gisella Cantino Wataghin / Eleonora Destefanis (Hrg.), Tra pianura e valici alpini. Archeologia e storia in un territorio di transito (Atti del convegno, Galliate, 20 marzo 1999), Vercelli 2001, 79-94; Heinz E. Herzig, Römerstrassen in der Schweiz, in: Helvetia Archaeologica 146/147, 2006, 42-114, hier 71-93; Pierre André, Essai de restitution du Temple Romain du Col du Grand Saint-Bernard dedié à Jupiter Poeninus, in: Lorenzo Appolonia / François Wiblé / Patrizia Framarin (Hrg.), Alpis Poenina. Grand Saint-Bernard. Une voie à travers l’Europe. Séminaire de clôture, 11-12 avril 2008, Fort de Bard (Vallée d’Aoste), Aosta 2008, 69-78; François Wiblé, Les tablettes votives, ebd., 93–107; Ders., Les monaies d’époque romaine du Grand Saint- Bernard: un aperçu, ebd., 119-123; Cinzia Joris, I bronzetti figurate delle collezioni dell’ospizio, ebd., 125-137; Eckhard Deschler-Erb, Instrumentum et militaria du Grand Saint-Bernard, ebd., 257-309; Karl Strobel, Der Alpenkrieg und die Eingliederung Noricums und Raetiens in die römische Herrschaft, in: Franek (Hrg.), Thiasos: Festschrift für Erwin Pochmarski zum 65. Geburtstag, Wien 2008 (= Veröffentlichungen des Instituts für Archäologie der Karl-Franzens-Universität Graz 10), 967-1004; Yann Mamin / Joël Meylan, Inscriptions lapidaires de l’Abbaye de Saint-Maurice. Inventaire 2009, Nr. 10-13; Michael Speidel, Der römische Neubeginn im Gebiet der Helvetier und in der Vallis Poenina, in: Ders., Heer und Herrschaft im Römischen Reich der Hohen Kaiserzeit, Stuttgart 2009 (= Mavors. Roman Army Researches 16), 545-562, hier 558f.; Eckhard Deschler-Erb, Die römische Armee auf dem Großen St. Bernhard / Summus Poeninus, in: Bernadette Cabouret / Agnès Groslambert / Catherine Wolff (Hrg.), Visions de l’Occident romain. Hommages à Yann Le Bohec, Paris 2012, 455-477; Josef Löffl, Die römische Expansion, Berlin 2011 (= Region im Umbruch 7), 101-103. 134-136. 178f. u.ö.; Josef Wiesehöfer, Caecinas Zug über den Großen St. Bernhard im Jahre 69 n.Chr., in: Michael Kasper / Martin Korenjak / Robert Rollinger / Andreas Rudigier (Hrg.), Alltag - Albtraum - Abenteuer: Gebirgsüberschreitung und Gipfelsturm in der Geschichte, Wien 2015, 93-104; Kai Ruffing, Augustus und die Salsser, in: Michael Kasper / Robert Rollinger / Andreas Rudigier (Hrg.), Sterben in den Bergen. Realität - Inszenierung - Verarbeitung, Wien 2018 (= Montafoner Gipfeltreffen 3 / Vorarlberg Museum Schriften 40), 257-270, hier 259-263; Nikolas Hächler / Beat Näf / Peter-Andrew Schwarz, Mauern gegen Migration, der Hochrhein-Limes und die Fortifikationen der Provinz Maxima Sequanorum - eine Auswertung der Quellenzeugnisse, Regensburg 2020, 85. 135. 152-156.

RE: -

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Letzte Bearbeitung:

06.08.2024 17:49


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