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Ausschnitt aus der Tabula Peutingeriana - Rom

Tabula Peutingeriana – Einzelanzeige

Toponym TP (aufgelöst):

Carthagine Colonia

Name (modern):

Carthage

Bild:
Zum Bildausschnitt auf der gesamten TP
Toponym vorher XV     Gallum Gallinatium     XVIIII     Cicisa     XIIII     Ad Pertusa     
Toponym nachher X     Thuni     
Alternatives Bild ---
Bild (Barrington)
Pleiades https://pleiades.stoa.org/places/ 314921
Großraum:

Africa Proconsularis

Toponym Typus:

Ortsname mit Symbol

Planquadrat:

4C5

Farbe des Toponyms:

schwarz

Vignette Typus :

A Doppelturm

Itinerar (ed. Cuntz):

Cartaginem (3,1), Cartagine (6,2; 22,5; 24,6; 42,8-9; 44,3; 44,4-5; 46,1; 50,5; 52,1; 57,2; 57,7; 58,1), Carthagine (25,2)

Alternativer Name (Lexika):

Karthago (DNP)

RE:

 

Barrington Atlas:

Carthago (32 F3)

TIR / TIB /sonstiges:

 

Miller:

Chartagine colon`.

Levi:

Chartagine Colon`. (A,II,1)

Ravennat:

Cartago civitas magna (p. 37.50); Charthingine (p. 88.37)

Ptolemaios (ed. Stückelberger / Grasshoff):

Καρχηδόνι (1,4,2), Καρχηδὼν μέγα ἄστυ (4,3,7), Καρχηδόνα (4,3,34), Καρχηδὼν (8,14,5)

Plinius:

 

Strabo:

 

Datierung des Toponyms auf der TP:

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Begründung zur Datierung:

 

Kommentar zum Toponym:

Kommentar (Köhner):
Eine zentrale Bedeutung für die Interpretation des afrikanischen Raumes auf der TP im Allgemeinen und für Anlage und Zweck der TP im Besonderen liegt in der Lage und Darstellung Karthagos auf der TP (TP 4C5 / ID 3034). Schließlich gilt sie über Jahrhunderte hinweg als die Rivalin Roms im Mittelmeerraum (vgl. KOPKA, Karthago, Sp. 848-853), was die Bedeutung ihrer Darstellung für die Interpretation der Gesamtkarte unterstreicht. Was lässt sich nun hierzu festhalten? Zum einen sticht ihre auffällige Lage direkt gegenüber Rom ins Auge, was laut WEBER sicherlich kein Zufall sei (vgl. WEBER, Tabula, 1976, S. 12. Warum dies so ist, dazu äußert sich WEBER nicht). Laut RATHMANN wird hier eine der kartographischen Finessen der TP sichtbar, denn „für die Methode, mit der der Zeichner des Archetypus um 200 v. Chr. das kartographische Bild nach Art des Eratosthenes auf einen Rotulus gebracht hat, scheinen meridianartige Hilfslinien eine wichtige Rolle gespielt zu haben" (RATHMANN, Tabula, S. 26). Eine dieser besagten Nord-Süd-Achsen scheint also auch durch die Städte Rom und Karthago zu laufen, die somit zu einer „Gruppe von systematisch einander gegenüber positionierten Orten" (DERS., ebd, siehe dazu auch die Übersicht dieser Meridiane bei RATHMANN, Tabula, S. 27f., Abbildungen 31-34) gehören. Weiterhin fällt auf, dass beide Städte durch Vignetten dargestellt werden; während Karthago jedoch als Vignette des A Typs dargestellt ist, von der es 429 Toponyme auf der TP gibt, wird Rom durch eine Großvignette des F Typs dargestellt, von der es insgesamt nur vier auf der gesamten Karte gibt (Neben Rom noch Antiochia (TP 9B4-9B5 / ID 1491), Konstantinopel (TP 8A1-8B1 / ID 1178) sowie St. Peter (TP 4B4-4B5 / ID 285), das bei LEVI mit der Romvignette zusammengefasst wird, in unserer Datenbank jedoch einen eigenen Datensatz besitzt). Außerdem wird der Stadt Karthago, die ihre Berühmtheit vor allem ihrem geostrategisch bedeutsamen Hafen verdankte, der in Übergröße gezeichnete römische Portus Augusti (TP 4B5 / ID 284) quasi demonstrativ direkt gegenübergestellt. Es handelt sich dabei interessanterweise um die einzige größere Darstellung eines Hafens auf der TP neben eines weiteren kleinen Eintrags in Gallien, der auf einen Hafen hinweisen könnte (fossis· MaRianis· (TP 1B5 / ID 3293), „dabei hätte es mit Piräus, Karthago, Syrakus oder Alexandria durchaus eine Reihe auch in der Antike berühmter Häfen gegeben, die Kopisten späterer Jahrhunderte hätten interessieren können" (RATHMANN, Tabula, S. 29). Abschließend sei noch auf die Bezeichnung Karthagos auf der TP hingewiesen, die meiner Meinung nach einen weiteren Hinweis zum dargestellten Verhältnis der beiden Mittelmeermächte bietet. Während „Roma“ gut lesbar in farbig hervorstechenden roten Buchstaben auf der TP eingetragen ist (Roma (TP 4B5 / ID 222). In roter Schrift werden nur die Städte mit Großvignette dargestellt), ist Karthago in schwarzen Buchstaben, relativ dicht gedrängt zwischen Vignette, Küsten- und Straßenlinie eingetragen. Besonders auffällig jedoch ist die Bezeichnung Karthagos als „CHartagine colon̄ (ia)“, womit ein terminus post quem ihrer Einrichtung als Römische Kolonie durch Julius Caesar 44 v. Chr. gesetzt ist (Zur Einrichtung Karthagos als Römische Kolonie vgl. TEUTSCH, Städtewesen, S. 101-106).

Rom und Karthago finden sich auf der TP in direkter Gegenüberstellung zueinander. Gleichzeitig wird Rom jedoch demonstrativ ausgeschmückt beziehungsweise hervorgehoben durch Sondervignette, Hafen sowie Farbgebung, während Karthago abgewertet wird durch die verhältnismäßig kleine und gedrängt wirkende Darstellung sowie die Bezeichnung als Colonia. Dadurch betont die TP in der vorliegenden Version den alten Dualismus der beiden Städte eindeutig zugunsten Roms, was laut RATHMANN auch eines der Argumente für die Theorie der Abhängigkeit der TP von der Agrippakarte sei (vgl. RATHMANN, Tabula, S. 10 mit Verweis auf WEBER, Tabula). Leider wissen wir nicht, wie dieses Verhältnis auf einer Vorgängerversion der TP dargestellt war. Wenn man nun aber von einer hellenistischen Ur-TP ausgeht, könnte es durchaus der Fall gewesen sein, dass beide Städte auf dieser Vorlage gleichwertig dargestellt waren und erst im Lauf des Kopierprozesses mit Verlagerung des Machtverhältnisses nach Rom die vorliegende Umgestaltung vorgenommen wurde. Wie weiter oben schon erwähnt, scheint die Ergänzung oder Vergrößerung der Stadtvignette Roms, des Hafens sowie später auch des Petersdoms die auf der TP zur Verfügung stehende nordafrikanische Landmasse an dieser Stelle verdichtet beziehungsweise zusammengedrängt zu haben. Ob in diesem Prozess eine potentielle Sondervignette Karthagos ausgefallen ist, lässt sich nicht beantworten.

Kommentar (Talbert):
-> stretch to Thvni
The linework for this stretch is not marked.

Miller, Itineraria, Sp. 908:
Chartagine colon`., Chartingine (Ra V), Cartago civitas magna (Ra), Carthagine (It), ἡ Καρχηδών (Pol, St, Ap, Diod, Paus, Cass, Dio, Proc) (I: CIL VIII 805 - hier gefunden), Carthago (Ml, Pl, Liv, Justin), Cartaco (Colum. Rostr. in Rom), Carthada (Sol, Is), Carthago vetus (Cic, Oros), Carthago Magna (Is), c[olonia] J[ulia] C[arthago], c[oloniae] felic[is] Jul[iae] Aurel[iae] Ant[oninianae] Carthaginis (I: CIL VIII 1220 - gefunden in Vaga), nach der gewöhnlichen Annahme um 878 von Phöniziern unter der Königin Dido gegründet, von Scipio Africanus Minor nach dreijähriger Belagerung im Jahre 146 v. Chr. zerstört. [zur Geschichte siehe Miller].
j. Ruinen bei Sidi Bou Said und Malga. Ser viele Iss: CIL VIII; cf. Dawis. [Literatur, siehe Miller].

Datierung (Barrington):
Carthago – Archaic/Classical/Hellenistic/Roman/Late Antique (AAT I, 14.1; EncBerb 12)

erwähnt bei Pomp. Mela:
Sodann bilden drei Kaps, Candidum (lat. das Weiße) [Kap Blanc], das des Apollon [Ras el Mekki] sowie das des Hermes [Kap Bon], die weithin ins hohe Meer hinausragen, zwei gewaltige Golfe. Den Hipponensischen nennt man so, weil die Stadt Hippo Diarrhytus [Bizerte] an seiner Küste liegt. An dem anderen gibt es Castra Dellia, Castra Cornelia und den Fluss Bagrada [Medjerda]; dann Utica und Karthao, beide berühmt, beide von Phöniziern gegründet, jenes bekannt durch Catos Untergang (seinen Freitod 46 v. Chr.), dieses durch seinen eigenen (die Zerstörung 146 v. Chr.), heute eine Kolonie des Römischen Volkes, einst deren hartnäckige Rivalin um die Herrschaft, und obgleich bereits wieder in Blüte, auch jetzt noch berühmter durch die Zerstörung seiner früheren als durch die Bedeutung seiner gegenwärtigen Macht. Hadrumetum [Sousse], Leptis [Lemta], Clupea [Kelibia], Habromakte, Phyre und Neapolis [Nabeul] liegen von hier aus an der Syrte als die bekanntesten unter unbedeutenden.

Pliniuskommentar:
Karthago
h. Ruinen, zwischen Salambo und Sidi Bou Said auf der Halbinsel nordöstl. von Tunis. Die Stadt wurde 146 v. Chr. vollkommen zerstört; vgl. Appian, Lib. 129 ff. u.a.; doch schon 122 v. Chr. wurde dort von C. Sempronius Gracchus eine röm. Kolonie [col. Iunonia Carthago] angelegt; vgl. Plutarch, C. Gracch. 10,2; Solinus 27,11 u.a.; die Neugründung und der Ausbau erfolgte aber erst unter Caear [col. Concordia Iulia C.]; vgl. Cass. Dio XVIII 50,3; LII 43,1; App. Lib. 136 u.a.

DNP:
Karthago
(phoinik. Qrt-ḥdšt, “neue Stadt”; griech. Καρχηδών/Karchēdṓn, lat. Carthago).

I. Historischer Überblick

A. Von der phönizischen Gründung bis zur römischen Kolonie
Nach dem Bericht des Timaios (FGrH 566 F 60) wurde K. im J. 814/3 oder 813/2 v.Chr. - an der Stelle des h. Vororts Carthage der tunesischen Metropole - gegr. Die Kolonisten waren Bürger der alten und mächtigen phoinik. Stadt Tyros. Der Legende nach standen sie unter der Führung der Prinzessin Elissa bzw. Dido. Vermutlich spielten bei der Gründung der Stadt handelspolit. Gesichtspunkte, die z.T. mit dem Fernen Westen (Tarschisch), z.T. mit Afrika zu tun hatten, eine entscheidende Rolle - vielleicht aber war das agrarisch gut nutzbare Hinterland von einiger Bed. Im übrigen bot der Ort günstige Voraussetzungen für den Bau von Befestigungs- und Hafenanlagen.

Wahrscheinlich stand K. urspr. unter der Aufsicht eines “Statthalters” (skn), der im Namen des Königs von Tyros agierte. Als sich die Stadt im 8./7. Jh. polit. emanzipierte, ersetzte möglicherweise ein “König” (mlk) den Statthalter. Im Lauf des 6. Jh. scheinen dann “ein Richter” (špṭ) oder “zwei Richter” (špṭm) die Macht übernommen zu haben.

Nach einer Periode der Stabilisierung der ökonomischen und polit. Verhältnisse erlebte die Stadt aufgrund ihrer weitreichenden und intensiv gepflegten Handelsbeziehungen einen verhältnismäßig raschen Aufschwung, der sich nicht zuletzt in der Anlage von Faktoreien und Kolonien zeigte. Es gelang ihr in zunehmendem Maße, die verschiedenen phoinik. Expansionsbewegungen zu koordinieren und die diversen westphoinik. Stützpunkte und Kolonien (Kolonisation III.) in einem großen “Reich” zusammenzufassen, das sich von Arae [2] Philaenorum bis Mogador und Gades erstreckte und u.a. auch die Balearen, Sardinien und West-Sizilien umfaßte. In vielen dieser Gegenden vertrat K. seine teils defensiven, teils offensiven Interessen mit mil. Mitteln. Bes. zahlreich und bed. waren die Kriege, die die Karthager gegen sizilische Griechen und gegen deren Verbündete führten: um die Mitte des 6. Jh. gegen Selinus, gegen E. des 6. Jh. gegen Dorieus [1], im zweiten Jahrzehnt des 5. Jh. gegen Gelon [1], in den J. 410-405, 397-392, 382-374 oder 373, 368-362 (?) (hauptsächlich) gegen Dionysios [1] I. bzw. Dionysios [2] II., in den J. 345-339 (?) gegen Timoleon, in den J. 311-306 gegen Agathokles [2] und in den J. 278-275 gegen Pyrrhos.

Hatten sich bis zum J. 264 die Beziehungen zw. K. und Rom im allg. friedlich entwickelt - dazu hatten die fünf Verträge, die in der ersten H. des 5. Jh. und in den J. 348, 343, 306 und 279/8 geschlossen worden waren, wesentlich beigetragen -, so führte nun die karthag. Intervention zugunsten der Mamertini von Messana zum folgenschweren Konflikt mit der expandierenden röm. Macht. In drei von den Römern herbeigeführten Kriegen (264-241, 218-201 und 149-146) entluden sich die Spannungen zw. beiden Rivalen und führten schließlich - im J. 146 - zur Vernichtung des karthag. Staats und völligen Zerstörung der Stadt (Punische Kriege; Hannibal). Einen ersten Anfang zum Wiederaufbau der Stadt machte im J. 122 (?) der Volkstribun C. Sempronius Gracchus, als er in der Volksversammlung den Antrag stellen ließ, die Stadt solle unter dem Namen Colonia Iunonia C. neu gegr. werden. Seine optimatischen Gegner brachten jedoch im J. 121 das Projekt zu Fall. Doch wurde (auch) in den folgenden J. ital. Kolonisten “karthagischer” Grund zugewiesen - wenn auch nur einzeln (viritim). Von bes. Bed. war, daß Caesar im J. 44 v.Chr. den alten gracchanischen Plan der Neugründung K.s aufgriff. Allerdings wurde die Colonia Iulia C. erst nach seinem Tod deduziert (44). Im J. 40 oder 39 scheint sie dann zur Hauptstadt der Prov. Africa Nova (Afrika [3]) erhoben worden zu sein. Im J. 29 siedelte der nachmalige Augustus weitere 3000 Kolonisten in K. an. Der Neuaufschwung der Stadt setzte ein. Die Kaiser Hadrianus, Antoninus Pius, Marcus Aurelius und Commodus widmeten K. ihre bes. Aufmerksamkeit, und in der Mitte des 2. Jh. war sie bereits eines der bedeutendsten Zentren des Reichs. Unter den “afrikanischen” Severern erlebte sie ihre Blütezeit.

Zur karthagischen Zivilisation und zum K.-Bild in der Ant. s. Punier, Sufeten; ferner Punisch, Punische Religion, Punische Archäologie, Barkiden, Hamilkar, Hannibal, Hanno, Hasdrubal, Mago, Malchos, Massinissa, Numidia.
Huß, Werner

Literatur:

Miller, Itineraria, Sp. 908;

M.H. Fantar, Carthage, 2 Bde., 1993.

S. Gsell, Histoire ancienne de l´Afrique du Nord, 8 Bde., 1924-1930.

Huß.

W. Huß (Hrsg.), K. (Wege der Forschung 654), 1992.

Ch.-A. Julien, Ch. Courtois, Histoire de l´Afrique du Nord I, 21951.

S. Lancel, Carthage, 1995 (frz. 1992).

O. Meltzer, U.Kahrstedt, Gesch. der Karthager, 3 Bde., 1879-1913.

Oehler, Raimund/Lenschau, Thomas, Karthago, RE X.2, 1919, Sp. 2150-2242.


Köhner, Nordafrika, S. 208;

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Letzte Bearbeitung:

16.08.2024 15:35


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https://tp-online.ku.de/trefferanzeige.php?id=3034 [zuletzt aufgerufen am 30.09.2024]

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