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Ausschnitt aus der Tabula Peutingeriana - Rom

Tabula Peutingeriana – Einzelanzeige

Toponym TP (aufgelöst):

Pernicide portum

Name (modern):

Bender el-Kebir / Medinet el-Haras (Barrington)

Bild:
Zum Bildausschnitt auf der gesamten TP
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Alternatives Bild ---
Bild (Barrington)
Pleiades https://pleiades.stoa.org/places/785986
Großraum:

Ägypten/Nil/Äthiopien

Toponym Typus:

Ortsname mit Symbol

Planquadrat:

8C5

Farbe des Toponyms:

schwarz

Vignette Typus :

A Doppelturm

Itinerar (ed. Cuntz):

Beronicen (173,4)

Inschriften (EDCS-ID):
   
   
Alternativer Name (Lexika):

Berenike [9] (DNP)

RE:

Berenike

Barrington Atlas:

Berenice 80 inset; (81 F2)

TIR / TIB /sonstiges:

 

Miller:

Pernicide-Portum

Levi:

Pernicide-Portum (A,II,2)

Ravennat:

Bernitiae (p. 20.04), Berenice (p. 20.20)

Ptolemaios (ed. Stückelberger / Grasshoff):

Βερενίκη (4,5,15), Βερενίκη (Βερενίκη ἡ Αἰθιοπικὴ) (8, 15, 19)

Plinius:

 

Strabo:

 

Datierung des Toponyms auf der TP:

frühe Kaiserzeit (einschließlich Flavier)

Begründung zur Datierung:

In der frühen Kaiserzeit waren Berenike und Myos Hormos die wichtigsten Häfen Ägyptens am Roten Meer, wobei seit der flavischen Zeit möglicherweise Berenike eine größere Bedeutung zuzuschreiben ist.

Kommentar zum Toponym:

Pernicide portum ist identisch mit Berenike Trogodytike. Der von Ptolemaios II. Philadelphos (285-246 v.Chr.) gegründete Hafenplatz am Roten Meer diente neben Myos Hormos dem Import und Export im außermittelmeerischen Warenaustausch (z.B. mit dem indischen Subkontinent) und war als wichtiger Stützpunkt für die Elefantenjagd der Ptolemäerherrscher. Ebenso wie die beiden anderen an der westlichen Rotmeerküste gelegenen Orte Berenike Panchrysos und das direkt am Bab al-Mandab gelegene Berenike Epi Dires liegt der auf der Tabula Peutingeriana als Pernicide portum bezeichnete Ort im Siedlungsgebiet der Trogodyten und wird daher von Plinius als Berenice urbs Troglodytarum (nat. 2, 183) bezeichnet; maximum hic emporium Trogodytarum, etiam Aethiopum „der größte Handelsplatz der Trogodyten und auch der Äthiopier“ sei jedoch Adulis (Plin. 6, 173). Der Namenszusatz Trogodytike verweist auf die geographische Lage des Ortes im Trogodyten-Gebiet (Τρωγοδυτική), das sich an der Ostküste des Roten Meeres von Clysma (Suez) bis zum Bab al-Mandab erstreckte (vgl. Strab. 16, 4, 22 [780]; 17, 1, 1 [785]. 2 [786] = Eratosthenes fr. III B 51 Berger; Diod. 3, 38, 4; Curt. 4, 718; Plin. nat. 2, 178. 185; 6, 164. 167f.; Ptol. 4, 7, 27; Solin. 31, 6).
Die infrastrukturelle Anbindung von Berenike Trogodytike durch den Bau einer Straße von Koptos nach Berenike Trogodytike durch den Ptolemäerherrscher bezeugt Strabo (17, 1, 45 [815]); ihm zufolge machte der Ptolemäerkönig diese Route von Koptos am Nil durch die Ostwüste zum Roten Meer durch den Bau einer Straße mit Raststationen für einen intensiveren und regelmäßigen Gütertransport nutzbar. Strabo bezeugt Apollonopolis und Koptos mit ihrem Wegenetz durch die Ostwüste (17, 1, 45 [815]); Plinius listet die Stationen zwischen Koptos und Berenike auf (nat. 6, 102f.). Für den südlichen Hafen von Berenike ist die Nutzung von der Mitte des dritten vorchristlichen Jahrhunderts bis ins 6.Jh. n.Chr. archäologisch nachweisbar. Der Hafen von Myos Hormos hingegen fungierte erst ab dem späten ersten vorchristlichen Jahrhundert als Warenumschlagplatz, der jedoch Mitte des 3.Jh. n.Chr. versandete und aufgegeben wurde.
Pernicide portum ist der einzige der großen Warenumschlagplätze auf der afrikanischen Seite des Roten Meeres, der auf der TP dargestellt ist. Das ist wohl damit zu erklären, dass Berenike und Myos Hormos in der frühen Kaiserzeit die wichtigsten Häfen Ägyptens am Roten Meer waren, wobei seit der flavischen Zeit möglicherweise Berenike eine größere Bedeutung zuzuschreiben ist. Die Einträge auf der Tabula Peutingeriana stellen also die topographischen Gegebenheiten der hellenistischen (ptolemäischen) Zeit bis in die Kaiserzeit dar; wie die Amtsbezeichnung praefectus montis Bernicidis (s. u.) und der Periplus Maris Erythraei (1. 2. 18. 19. 21: Βερνίκη) nahelegen, gibt die Tabula eine in der Kaiserzeit übliche Namensform wieder. So wird in einer zweisprachigen (griechisch-lateinischen) Bauinschrift die unter Hadrian erfolgte Ausstattung der via Hadriana von Berenike bis Antinoupolis mit Wasserstellen, Unterkünften und Wachstationen herausgestellt (I. Pan. 80 = IGRR I 1142 = OGIS II 701 vom 25.2.137 n.Chr.). Die ägyptische Ostwüste einschließlich der Region zwischen Koptos und Berenike mit den Steinbrüchen und Bergwerken war dem praefectus montis Bernicidis unterstellt (I. Portes 56 = ILS I 2483 = CIL III 6627, Augustus-Tiberius; CIL IX 3083, Tiberius; X 1129 = ILS 2698, Tiberius; CIL III 32, 18.3.72 n.Chr.; O. Ber. II 120, 76/77 n.Chr.).
Zwischen dem Toponym und der Ostspitze Afrikas ist die Legende Hic cenoccephali nascuntur platziert, wobei letztgenannter Eintrag auf Artemidor (Strabo 16, 4, 14 [774]: κυνοκεφάλοι) basieren dürfte: Er verortet die Hundsköpfe an einem als „Horn des Südens“ (Νότου κέρας) bezeichneten Vorgebirge (s.u.), das wahrscheinlich mit der Nordostspitze des heutigen Somalia (Kap Guardafui) identisch ist. Artemidor (Strab. 16, 4, 16f. [775f.] = Artemidor fr. 98 Stiehle) verbindet die κυνοκεφάλοι, eine Affenart, mit dem Siedlungsgebiet der Trogodyten (Τρωγοδυτική), also der Ostküste des Roten Meeres von Clysma (Suez) bis zum Bab al-Mandab.
Die als gerade Linie auf der Tabula Peutingeriana verlaufende westliche Rotmeerküste stellt die gesamte Küstenregion vom Golf von Suez über das Rote und den Golf von Aden bis zur Nordostspitze Somalias (Kap Guardafui) dar (zu Ostafrka und dem Südeand der Oikumene vgl. demnächst ausführlich Schuol, in: OT 18). Für die Gestaltung dieser Region, die auf der Tabula Peutingeriana aufgrund der extremen Ost-West-Verzerrung der dagestellten Landmassen als räumlich eng verbunden mit der Route Koptos-Berenike erscheint, liefert Artemidor im Zitat bei Strabo einen aufschlussreichen Beleg: Mit dem Hinweis auf fehlende Verzeichnisse auf Siedlungen und Hafenplätze lässt er verlauten, dass das „letzte Vorgebirge dieser Küste, das Horn des Südens“ (16, 4, 14 [774] = Artemidor fr. 96 Stiehle: ἀκρωτήριον τῆς παραλίας ταύτης τὸ Νότου κέρας) der letzte bekannte Punkt sei. Das „Horn des Südens, ein Kap“ (Ptol. 4, 7, 11: Νότου κέρας ἄκρον) als landmark in Ostafrika. Er fügt - weit über den geograhischen Wissensstand von Strabo und Plinius hinausgehend - eine Vielzahl von geographischen Informationen über diesen Teil Afrikas hinzu und erwähnt Kaufleute aus Arabia felix, die von der arabischen Halbinsel zu den nordsomalischen Küstenorten übersetzen (Ptol. 1, 17, 5). Die im Zusammenhang mit dem „Horn des Südens“ gebotenen Beschreibungen der Geographie dieser Region sind ein starkes Indiz dafür, dass die ostafrikanische Spitze auf der Tabula Peutingeriana das Horn von Afrika und den äußersten Süden der Oikumene darstellt.
Parallel zu der Route Koptus-Berenike verläuft auf der Tabula Peutingeriana ein Gebirge, das die Südküste Afrikas auf ihrer gesamten Länge säumt und weder auf dem afrikanischen Kontinent selbst noch am Nordrand der Oikumene ein Gegenstück hat. Die Grundlage dieser Darstellung bietet vielleicht Plinius, der anknüpfend an den Periplus des Hanno mit seiner Beschreibung des Theon Ochema (Periplus des Hanno 15-17: Θεῶν Ὄχημα „Götterwagen“) eben diesen hohen Berg zu einem langen Gebirgszug, den Atlas, an der Südküste Afrikas zählt (Plin. nat. 6, 188: in ora autem ubi dicemus continui montes ardentibus similes rubent „An der Küste aber ist dort, wo wir es sagen werden, eine ununterbrochene Kette von Bergen, die wie wenn sie brennen rot aussehen.“; vgl. auch Hdt. 4, 184, 3; Mela 3, 100). Diese Bergkette verortet Plinius am Südrand Afrikas, zwischen den Sandwüsten und dem Ozean (Plin. nat. 5, 6). Zumindest die erhaltenen Segmente der Tabula Peutingeriana zeigen am Südrand der Oikumene eine recht gleichförmige Bergkette, deren Erhebungen recht schroff wirken und sich auch in ihrer Größe (≈ Höhe) von den Gebirgen im Landesinneren abzuheben scheinen, wobei an der zeichnerischen Umsetzung – wie auch bei den Gebirgen im Binnenland - mindestens zwei Hände zu unterscheiden sind (Segment 1-4 und 5-11, evtl. von 8-1 ein weiterer Zeichner). Als ein den Südrand Afrikas begrenzendes Gebirge ist das Atlas-Gebirge auch in der Beatus-Karte von Saint-Sever; andere mittelalterliche Karten hingegen (z.B. Sawley-Karte, Cottoniana, Herefordkarte, Ebstorfer Weltkarte) visualisieren nur einzelne Berge wie den Mons Athalantis, den Mons Isperus und weiter im Osten den Mons Climax. - Vgl. auch zu Hormucopto· und Hic cenocephali nascuntur·.

DNP:
Berenike [9] Hafenstadt an der Westküste des Roten Meeres

Dieser Ort ist auf folgenden Karten verzeichnet:

Ägypten | Ägypten | Arabia | Indienhandel | Straßen

Hafenstadt an der Westküste des Roten Meeres. Von Ptolemaios II. gegr. und nach seiner Mutter benannt, stellte B. als Endpunkt verschiedener vom Nil zum Rotem Meer führender Handelsstraßen einen wichtigen Umschlagplatz im ägypt. Arabien- und Indienhandel dar.

Pahlitzsch, Johannes (Berlin)



Literatur:

Kurt Sethe, in: RE III/1, 1897, 280f. s.v. Berenike 5; Miller, Itineraria, Sp. 863; Ronald E. Zitterkopf / Steven E. Sidebotham, Stations and Towers on the Quseir-Nile-Road, in: JEA 75, 1989, 155-189; Steven E. Sidebotham, Historical Sources, in: Ders. / Willemina Z. Wendrich (Hrsg.), Berenike 1994. Report of the 1994 Excavations at Berenike (Egyptian Red Sea Coast) and the Survey of the Eastern Desert, Leiden 1995, 5-11; Steven E. Sidebotham / Ronald E. Zitterkopf, Routes through the Eastern Desert of Egypt, in: Expedition 37/2, 1995, 39-52; Steven E. Sidebotham / Willemina Z. Wendrich (Hrsg.), Berenike 1994. Report of the 1994 Excavations at Berenike (Egyptian Red Sea Coast) and the Survey of the Eastern Desert, Leiden 1995; Steven E. Sidebotham / Willemina Z. Wendrich (Hrsg.), Berenike 1995. Report of the 1995 Excavations at Berenike (Egyptian Red Sea Coast) and the Survey of the Eastern Desert, Leiden 1996; Steven E. Sidebotham / Ronald E. Zitterkopf, Survey of the Via Hadriana by the University of Delaware. The 1996 season, in: BIFAO 97, 1997, 1997, 221-237; Steven E. Sidebotham / Willemina Z. Wendrich (Hrsg.), Berenike 1996. Report of the 1996 Excavations at Berenike (Egyptian Red Sea Coast) and the Survey of the Eastern Desert, Leiden 1998; Richard Talbert, Peutinger’s Roman Map: The Geographical Framework, in: Michael Rathmann (Hrsg.), Wahrnehmung und Erfassung geographischer Räume in der Antike, Mainz 2007, 221-230, hier 228; F. de Romanis, in: TOPOI 14 (2006); Adam Bülow-Jacobsen / Hélène Cuvigny, Sulpicius Serenus, procurator Augusti, et la titulature des préfets de Bérénice, in: Chiron 37, 2007, 11-33; Andrea Jördens, Statthalterliche Verwaltung in der römischen Kaiserzeit. Studien zum praefectus Aegypti, Stuttgart 2009 (= Hist.-E. 175), 424-429; Steven E. Sidebotham, Berenike and the Ancient Maritime Spice Route, Berkeley / Los Angeles 2011, ND 2019 (= The California World History Library 18), 13-16 (Quellenlage). 125-174 mit Table 8-2: Stops/Stations and Distances between Koptos and Berenike (S. 159); Andreina Magioncalda, I prefetti di Berenice, in: Catherine Wolff (Hrsg.), Le métier de soldat dans le monde romain (Actes du cinquième Congrès de Lyon 23-25 sept. 2010), Paris 2012, 461-477; Getzel M. Cohen, The Hellenistic Settlements in the East from Armenia and Mesopotamia to Bactria and India, London 2013, 320-325; Rodney Ast / Roger S. Bagnall, The Receivers of Berenike. New Inscriptions from the 2015 Season, in: Chiron 45 (2015), 171–185; Andrea Jördens, Roman Alexandria, Queen of the Mediterranean and Arabian Seas, in: Nikolas Jaspert / Sebastian Kolditz (Hrsg.), Entre mers - Outre-mer: Spaces, Modes and Agents of Indo-Mediterranean Connectivity, Heidelberg 2018, 77-91, hier 87; Roberta Tomber, Egypt and Eastern Commerce during the Second Century AD and later, in: Andrew Wilson / Alan K. Bowman (Hrsg.), Trade, Commerce, and the State in the Roman World, Oxford 2018 (= Oxford Studies on the Roman Economy), 531-555, hier 537-541; Anna M. Kotarba-Morley, Ancient Port of Trades on the Red Sea Coasts - The ‚Parameters of Attractiveness‘ of Site Locations and Human Adaptations of Fluctuating Land- and Sea-Scapes. Case Study Berenike Troglodytica, Southeastern Egypt, in: Najeeb M.A. Rasul / Ian C.F. Stewart (Hrsg.), Geological Setting, Palaeoenvironment and Archaeology of the Red Sea, Cham 2019, 741-774.
Vgl. demnächst auch Monika Schuol, Das Horn von Afrika auf der Tabula Peutingeriana und der Südrand der Oikumene im kartographiegeschichtlichen Kontext, in: OT 18.

D. Meredith, Berenice Troglodytica, in: Journal of Egyptian Archaeology 43, 1957, 56-70

S.E. Sidebotham, Ports of the Red Sea and the Arabia-India Trade, in: Münstersche Beiträge zur Ant. Handelsgesch. 5/2, 1986, 16-36.

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Letzte Bearbeitung:

25.08.2024 12:25


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https://tp-online.ku.de/trefferanzeige.php?id=2835 [zuletzt aufgerufen am 29.09.2024]

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