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Ausschnitt aus der Tabula Peutingeriana - Rom

Tabula Peutingeriana – Einzelanzeige

Toponym TP (aufgelöst):

Naucrati

Name (modern):

Kom Gaief (Barrington)

Bild:
Zum Bildausschnitt auf der gesamten TP
Toponym vorher XXXII?     Melcati     
Toponym nachher XLIII     Niciv (Niciu)     
Alternatives Bild ---
Bild (Barrington)
Pleiades https://pleiades.stoa.org/places/ 727169
Großraum:

Ägypten/Nil/Äthiopien

Toponym Typus:

Ortsname ohne Symbol

Planquadrat:

8C3

Farbe des Toponyms:

schwarz

Vignette Typus :

---

Itinerar (ed. Cuntz):

 

Alternativer Name (Lexika):

Naukratis (DNP)

RE:

Naukratis

Barrington Atlas:

Naucratis (74 D3)

TIR / TIB /sonstiges:

 

Miller:

Naucrati

Levi:

 

Ravennat:

Naucreatis (p. 34.02), Naucratim (p. 34.31), Nancritis (p. 35.52)

Ptolemaios (ed. Stückelberger / Grasshoff):

Ναύκρατις πόλις (4,5,49)

Plinius:

 

Strabo:

 

Datierung des Toponyms auf der TP:

frühe Kaiserzeit (einschließlich Flavier)

Begründung zur Datierung:

 

Kommentar zum Toponym:

Naucrati ist mit Naukratis im westlichen Nildelta gleichzusetzen. Der Ort liegt am Ostufer des Kanopischen Nilarmes. Als nächste flussaufwärts gelegene Station gibt die Tabula Peutingeriana das 43 Meilen entfernte Niciu an, was mit der tatsächlichen Distanz von etwa 70 km ziemlich genau übereinstimmt. Der ägyptische Name lautet Niwt-krṯ und ist in Texten des 4., 3. und 2.Jh. v.Chr. bezeugt (Jansen-Winkeln, Inschriften: Nȝ-Krȝt; P. Cairo 2, 31168 Vs. + P. Cairo 2, 31169 [4./3.Jh. v.Chr.], Kol. 1. 25: N3y=w-Krḏ; Agut-Labordère, 94-96). Naukratis ist die gräzisierte Form, die für diesen Ort in griechischen Texten ausschließlich benutzt wird, vgl. z.B. I. Delta 744f. no. 5 (6.Jh. v.Chr.), 2: Ναύκρατις; P. Mich. Zen. 91 (263-229 v.Chr.), 5: Ναύκρατις; PSI 5, 553 (258/257 v.Chr.), 16: Ναύκρατις; P. Cairo Zen. 2, 59192 (15.12.255 v.Chr.), 9: Ναύκρατις; OGIS 1, 89 = SB 5, 8769 (210-204 v.Chr.), 6: Ναύκρατις; P. Oxy. 11, 1380 (trajanisch-hadrianische Zeit), 19: Ναύκρατις; P. Oslo 3, 92 (2.12.130 n.Chr.); P. L. Bat. 25, 17 (4.Jh. n.Chr.), 3: Ναύκρατις πόλις. Herodot zufolge überließ Amasis (570-526 v.Chr.) diesen Ort den Griechen (Hdt. 2, 178); archäologisch ist griechische Präsenz aber bereits ab ca. 625 v.Chr. nachweisbar. Aus dieser Zeit stammt auch eine der ältesten Inschriften (SB 1, 1721 [2. Hälfte 7.Jh. v.Chr.], 2: [Ναύ]κρατι[ς]). Eine Gründung durch Milet, wie eine von Strabo verarbeitete Tradition behauptet (17, 1, 18 [801]) und eine damit verbundene Vorrangstellung wird weder von Herodot (2, 178) noch durch archäologische Zeugnisse gestützt. Durch den Grabungsbefund bestätigt sind hingegen die von Herodot genannten Heiligtümer des milesischen Apollon, der samischen Hera und das von neun Poleis (Chios, Teos, Phokaia, Klazomenai, Rhodos, Knidos, Halikarnassos, Phaselis und Mytilene) gemeinsam gegründete Hellenion. In die Zeit Ptolemaios’ II (282-246 v.Chr.) zu datieren ist ein Amun-Tempel, denn auch Menschen ägyptischer Provenienz (darunter in der Verwaltung tätige Personen, Priester und anderes Tempelpersonal) waren Teil der Einwohnerschaft von Naukratis. Eine Trennung zwischen der polis Naukratis und dem emporium, wie mitunter auf der Grundlage der Herodot-Passage angenommen, ist auf Grund der Siedlungstopographie nicht nachweisbar, wohl aber (allerdings nicht vor dem 4.Jh. v.Chr.), dass Naukratis den polis-Status erhielt und außerhalb der Gau-Verwaltung lag; Hdt. 2, 179 mit der Beschreibung von Regelungen für den Handel lässt genügend Interpretationsspielraum, um Naukratis in Anlehnung an das von K. Polanyi entwickelte Modell des port of trade zu interpretieren, der die Schnittstelle zwischen dem redistributiv organisierten Wirtschaftssystem Ägyptens und der durch Marktelemente charakterisierten Wirtschaft griechischer poleis bildete. In hellenistischer Zeit konnte Naukratis seine bedeutende Stellung trotz des Aufstiegs von Alexandria behaupten, was auch an der Bezeichnung als polis und einer eigenen Münzprägung ablesbar ist. Spätestens seit der persischen Eroberung Ägyptens 526 v.Chr. war Naukratis aber nicht mehr der alleinige Einfuhrhafen mittelmeerischer Importe. Vielmehr wurde in dieser Zeit auch Pelusion im östlichen Nildelta geöffnet für auswärtige Handelswaren, und in ptolemäischer Zeit war dies auch für Alexandria der Fall. Naukratis blieb aber der bedeutendste Hafen für mittelmeerische Händler, und ein beträchtlicher Teil der griechischen Einwohnerschaft der Stadt (ebenso wie ihre ägyptischen Mitbürger) war zur Abwicklung ihrer Geschäfte auch außerhalb ihrer Heimatstadt aktiv. - Vgl. auch Memphis·.

Kommentar (Talbert):
The name is best seen on the 1888 photograph.
-> Stretch to Niciv
The distance figure is best seen on the 1888 photograph.

Miller, Itineraria, Sp. 863:
Naucrati, Naucratis und Naucratim und Naucritis (Ra), Ναύκρατις (Hd, Pt, Pl, Steph), am rechten Ufer des Kanobischen Meerbusens, von Milesiern im Saitischen Nomos angelegt, schon zu Herodots Zeiten eine wichtige Handelsstadt und der einzige Ort Ägyptens, wo Griechen sich niederlassen und Handel treiben durften (Hd), Vaterstadt des Athenaeus und Jul. Pollux., j . verschwunden; j. Ruinen bei Nebeirah [cf. Rh. M. 66 p. 593: Über die Gründung von Naucratis]. I: CIL III 13 585 3.
43.

Datierung (Barrington):
Naucratis - Archaic/Classical/Hellenistic/Roman/Late Antique (Bernand 1970, 575-862; Yoyotte 1991)

DNP:
Naukratis

Dieser Ort ist auf folgenden Karten verzeichnet:

Ägypten | Ägypten | Bildung | Kolonisation

(Ναύκρατις, äg. Niwt-krṯ: Wiedergabe des griech. Namens; Pr-mryt, “Hafenhaus”), h. Kom Geif im westl. Nildelta, lag in der Ant. am Ostufer des kanobischen Nilarms [5. 222; 6. 115f.]. Nach Hdt. 2,178 überließ Amasis [2] (570-526 v.Chr.) N. den Griechen, wohingegen arch. Funde eine griech. Präsenz seit ca. 625 v.Chr. belegen. Eine Gründung durch Miletos [2], wie sie eine bei Strab. 17,1,18 verarbeitete Trad. behauptet, und eine damit verbundene Vorrangstellung wird weder von Herodot noch durch das arch. Material bestätigt. Die von Hdt. 2,178 angeführten Heiligtümer des milesischen Apollon, der samischen Hera und das Hellenion, eine gemeinschaftliche Gründung von neun póleis (Chios, Teos, Phokaia, Klazomenai, Rhodos, Knidos, Halikarnassos, Phaselis, Mytilene), konnten ausgegraben werden. Das bei Herodot erwähnte témenos des aiginetischen Zeus wurde hingegen nicht entdeckt, aber ein Heiligtum der Dioskuroi und eines der Aphrodite, in dessen Nähe zudem eine Fayence-Werkstatt gefunden wurde. Der als Great Temenos bezeichnete Tempelbezirk muß als Tempel des Amun in die Zeit Ptolemaios´ II. (282-246 v.Chr.) datiert werden [6. 108-113]. Damit entbehrt die Annahme eines eigenen äg. Viertels der Grundlage [6. 117-119, 185].

Die aufgrund einer Interpretation Herodots angenommene Trennung zwischen einer pólis N. und einem empórion N. ist weder zwingend noch läßt sie sich topographisch erhärten [6. 116-119, 196f.]. Die von Hdt. 2,179 beschriebenen Regelungen zur Kontrolle des Handels erlauben es, N. in Anlehnung an einen Idealtypus K. Polanyis als port of trade zu interpretieren [1. 211f.], der die Schnittstelle zwischen dem redistributiv organisierten Wirtschaftssystem Äg.s und der durch Marktelemente charakterisierten Wirtschaft griechischer póleis bildete. In hell. Zeit behielt N. trotz der Gründung Alexandreias [1] eine bed. Stellung. Nun wurde es inschr. als pólis bezeichnet und es lassen sich Beamte ( timuchoi ) und eigene Mz. nachweisen. N. bestand bis in byz. Zeit [3. 1965f.; 7. 16].

Möller, Astrid (Freiburg)


Literatur:

Hermann Kees, in: RE XVI / 2, 1935, 1954-1966 s.v. Naukratis; John Boardman, Kolonien und Handel der Griechen. Vom späten 9. bis zum 6. Jahrhundert v. Chr., München 1981, 138-155; R.D. Sullivan, Historical Introduction, in: William D.E. Coulson / Albert Leonard Jr. (Hrsg.), Cities of the Delta, Part 1: Naukratis. Preliminary Report on the 1977-78 and 1980 Seasons, Malibu 1981 (= Reports of the American Center in Egypt 4), 6-16; Herman J. De Meulenaere, in: Lexikon der Ägyptologie 4, 1982, 360f. s.v. Naukratis; Michel Austin / Pierre Vidal-Naquet, Gesellschaft und Wirtschaft im alten Griechenland, München 1984; Alan B. Lloyd, Herodotus, Book II: Commentary 99-182, Leiden 1988 (= ÉRPO 43/3), 221-231; Stefan Timm, Das christlich-koptische Ägypten in arabischer Zeit: Eine Sammlung christlicher Stätten in Ägypten in arabischer Zeit, unter Ausschluß von Alexandria, Kairo, des Apa-Mena-Klosters (Der Abu Mina), der Sketis (Wadi n-Natrun) und der Sinai-Region, Teil 4: M-P, Wiesbaden 1988 (= Beihefte zum Tübingen Atlas des Vorderen Orients B 41 / 4), 1749-1751 s.v. Naukratis; Brian Muhs, The Great Temenos of Naukratis, in: Journal of the American Research Center in Egypt 31, 1994, 99–113; Hugh Bowden, The Greek Settlement and Sanctuaries at Naukratis: Herodotus and Archaeology, in: Mogens H. Hansen / Kurt Raaflaub (Hrsg.), More Studies in Ancient Greek Polis, Stuttgart 1996 (= Hist.-E. 108), 17-37; Richard D. Sullivan, Psammetichus I and the Foundation of Naukratis, in: William D.E. Coulson (Hrsg.), Ancient Naukratis, II: The Survey at Naukratis and Environs, Part I: The Survey at Naukratis, Oxford 1996, 177-195; Albert Leonard Jr., Ancient Naukratis: Excavations at a Greek Emporium in Egypt. Part I: The Excavations at Kom Ge’if, in: AASO 54, 1997, 1-135. 286-308. 352-375; Ders., Ancient Naukratis: Excavations at a Greek Emporium in Egypt. Part II: The Excavations at Kom Hadid, in: AASO 55, 1998, 1-25. 164-229; Jan W. Drijvers, Strabo 17.1.18 (801C): Inaros, the Milesians and Naukratis, in: Mnemosyne 52, 1999, 16-11; Albert Leonard jr., in: Kathryn A. Bard (Hrsg.), Encyclopedia of the Archaeology of Ancient Egypt, London 1999, 561-564 s.v. Naukratis; Astrid Möller, Naukratis. Trade in Archaic Greece, Oxford 2000; Dies., in: DNP 8, 2000, 747-749 s.v. Naukratis; Květa Smoláriková, The Great Temenos at Naukratis once again, in: Archiv orientální 68, 2000, 571-578; Astrid Möller, Naukratis - griechisches empórion und ägyptischer port of trade, in: Ursula Höckmann/Detlev Kreikenbom (Hrsg.), Naukratis: Die Beziehungen zu Ostgriechenland, Ägypten und Zypern in archaischer Zeit. Akten der Table Ronde in Mainz, 25.-27. November 1999, Möhnesee 2001, 1-25; Dies., Naukratis, or how to identify a Port of Trade, in: David W. Tandy (Hrsg.), Prehistory and History. Ethnicity, Class and Political Economy, Montreal 2001, 145-158; Peter James, Naukratis Revisited, in: Hyperboreus: Studia Classica 9 / 2, 2003, 235-264; Astrid Möller, Naukratis as Port-of-Trade Revisited, in: TOPOI 12-13, 2005, 183-192; Angelo Geissen / Manfred Weber, Untersuchungen zu den ägyptischen Nomenprägungen VI: 5.-6. unterägyptischer Gau und die Stadt Naukratis, in: ZPE 155, 2006, 271-300, hier 281-288; Alexandra Villing / Udo Schlotzhauer, Naukratis and the Eastern Mediterranean: Past, Present, and Future, in Naukratis: Greek Diversity in Egypt, Oxford 2006; Werner Huss, Die Verwaltung des Ptolemaiischen Reichs, München 2011 (= Münchener Beiträge zur Papyrusforschung und antiken Rechtsgeschichte 104), 14-17; Udo Schlotzhauer / Sabine Weber / Hans Mommsen, Griechische Keramik des 7. und 6. Jhs. v. Chr. aus Naukratis und anderen Orten in Ägypten, 3 Bände, Mainz 2012 (= Archäologische Studien zu Naukratis 3); John Boardman, Why Naukratis?, in: Ancient West & East 12, 2013, 265-267; Alexander Fantalkin, Naukratis a Contact Zone: Revealing the Lydian Connection, in: Robert Rollinger / Kordula Schnegg (Hrsg.), Kulturkontakte in antiken Welten. Vom Denkmodell zur Fallstudie. Proceedings aus Anlass des 60. Geburtsages von Christoph Ulf, Innsbruck, 26. bis 30. Januar 2009, Leuven 2014 (= Colloquia Antica 10), 27-51; Karl Jansen-Winkeln, Inschriften der Spätzeit, Teil IV: Die 26. Dynastie, Band 1: Psametik I.-Psametik III., Wiesbaden 2014, 57. 218; Alexandra Villing, The Greeks in Egypt: Renewed Contact in the Iron Age, in: Jeffrey Spier / Timothy F. Potts / Sara E. Cole (Hrsg.), Beyond the Nile: Egypt and the Classical World, Los Angeles 2018, hier 70-81, 77-81; Damien Agut-Labordère, The Wool of Naucratis. About the Stela Michigan Kelsey Museum 0.2.5803, in: British Studies in Ancient Egypt and Sudan 24, 2019, 91-104, hier 94-96; The British Museum, The Naukratis Project (https://www.britishmuseum.org/research/research_projects/all_current_projects/naukratis_the_greeks_in_egypt/naukratis_research_project/project_progress.aspx, zuletzt aufgerufen am 14.10.2019).

Miller, Itineraria, Sp. 863.

Hermann Kees, in: RE XVI/2, 1935, 1954-1966 s.v. Naukratis; Angelo Geissen/Manfred Weber, Untersuchungen zu den ägyptischen Nomenprägungen VI, 6.-6- unterägyptischer Gau, in: ZPE 155, 2006, 271-300, hier 281-288.

DNP:
1 M.Austin, P. Vidal-Naquet, Ges. und Wirtschaft im alten Griechenland, 1984.

2 J. Boardman, Kolonien und Handel der Griechen, 1981, 138-155.

3 H. Kees, s.v. N., RE 16, 1954-1966.

4 A.Leonard, A. Berlin, Ancient N.: Excavations at a Greek Emporium in Egypt: The Excavations at Kom Geif (AASO 54), 1999.

5 A.B. Lloyd, Herodotus, Book II, Commentary 99-182, 1988.

6 A. Möller, N. Trade in Archaic Greece, 2000.

7 R.D. Sullivan, Historical Introduction, in: W.D.E. Coulson, A. Leonard, jr. (Hrsg.), Cities of the Delta I: N., 1981, 6-17.

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Letzte Bearbeitung:

25.08.2024 11:50


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