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Ausschnitt aus der Tabula Peutingeriana - Rom

Tabula Peutingeriana – Einzelanzeige

Toponym TP (aufgelöst):

Lacvs Nvsaptis [vel] Lacvs Nilvdicvs (Lacus Nusaptis [vel] Lacus Niludicus)

Name (modern):

Mugtaa el-Chebrit (Barrington)

Bild:
Zum Bildausschnitt auf der gesamten TP
Toponym vorher
Toponym nachher
Alternatives Bild
Bild (Barrington 2000)
Bild (Scheyb 1753) ---
Bild (Welser 1598) ---
Bild (MSI 2025) ---
Pleiades https://pleiades.stoa.org/places/ 364025
Großraum:

Kyrenaika

Toponym Typus:

Wasser (ohne Flussname)

Planquadrat:

7C4 / 7C5 / 8C1

Farbe des Toponyms:

schwarz

Vignette Typus :

---

Itinerar (ed. Cuntz):

 

Alternativer Name (Lexika):

 

RE:

Νοῦβα λίμνη

Barrington Atlas:

Tritonis? L. (37 D2)

TIR / TIB /sonstiges:

 

Miller:

Lacvs. Nvsaptis. vel Lacvs. Nilvdicvs

Levi:

 

Ravennat:

 

Ptolemaios (ed. Stückelberger / Grasshoff):

Νοῦβα λίμνη (4,6,13.16.18)

Plinius:

 

Strabo:

 

Datierung des Toponyms auf der TP:

Späthellenismus (nach 200)

Begründung zur Datierung:

Die beiden Namen des Sees basieren eventuell auf hellenistischer Tradition, vgl. Kommentar.

Kommentar zum Toponym:

Südlich des ersten Nilkatarakts, entsprechend der massiven Stauchung und der damit einhergehenden Ost-West-Verzerrung der Landmasse auf der Tabula Peutingeriana, westlich von Hierasykaminos, ist ein großes Binnengewässer dargestellt, das von Bergen umgeben ist. Aktuell sind auf der Handschrift nur noch einzelne Buchstaben der zweizeiligen Beschriftung auf der Wasserfläche zu erkennen. Die Welser-Ausgabe der Tabula Peutingeriana von 1598 bietet an dieser Stelle die Hydronyme LACVS NVSAPTIS (erste Zeile) und LACVS NILUDICVUS (zweite Zeile). Scheyb (1753) ergänzt die für ihn noch lesbaren Buchstaben zu [L]ACVS NVSAP[TIS] und [L]ACVS N[ILV]DICV[S]. Das Hydronym LACVS NILUDICVUS scheint sich, wie es an dieser Stelle auch auf der Hereford Map mit dem Eintrag Nilidis Lacus der Fall ist, an Plinius’ lacus Nilis (nat. 5, 51 [Neilis]) zu orientieren, wobei dieser Gewässername den älteren geographischen Wissensstand des Juba von Mauretanien wiederspiegelt, der die Quelle des Nil in einem großen westafrikanischen See („in monte inferioris Mauretaniae non procul Oceano“) lokalisiert (vgl. Solin. 32, 2: lacus Nilis; Isid. etym. 13, 21, 7: Nilis lacus). Julius Honorius nennt dieses Gewässer lacus Nilotis (47A [p. 52 GLM Riese]) und platziert es bei der Insel von Meroë, was sich mit dem Eintrag auf der Tabula Peutingeriana gut in Einklang bringen lässt: Et ad Meroen oppidum means item facit lacum et cataractae (45).
Mit dem Hydronym LACVS NVSAPIVS (erste Zeile) arbeitet der Kopist aber offenbar auch eine andere geographische Tradition ein, nämlich die Bildung des Nil aus den beiden in Äthiopien entspringenden Quellflüssen Astapus und Astaboras (vgl. z.B. Strab. 16, 4, 8 [771]; 17, 1, 2 [786 = Eratosthenes fr. III B 51 Berger]; 17, 2, 1 [821f.]; Plin. nat. 5, 53). Herodot verortet südlich des ersten Nilkataraktes nördlich von Meroë einen „großen See“ (Hdt. 4, 29: λίμνη μεγάλη), der aber nicht die Nilquelle ist, sondern vom Nil durchflossen werde, während der Ursprung des Nil unbekannt sei (Hdt. 2, 31f.). Ptolemaios kennt zwei große Binnengewässer, ein westliches und ein östliches, die sich während der Schneeschmelze im Mondgebirge füllen und die Quellseen des Nils sind (Ptol. 4, 6, 13. 16. 18: Νείλου λίμναι); die beiden Quellflüsse Astapus und Astaboras vereinigen sich zum Nil (Ptol. 4, 7, 22-24). Auch wenn Ptolemaios Unsicherheit zeigt über den Ursprung des Nil (in Numidien mit Zuordnung zum Flusssystem des Niger oder im oberen Nil im subsaharischen Afrika), trägt er zur Aufschlüsselung dieses Gewässernamens bei: Er bezeugt im Landesinneren von Libyen den Nuba-See (Ptol. 4, 6, 13. 16. 18: Νοῦβα λίμνη), den Windberg (RE XVII/1, 1229f. und 1234) sicherlich zu Recht mit dem großen, auf der Grenze zwischen Ägypten und Äthiopien bzw. Nubien gelegenen See auf der Tabula in Verbindung bringt und als Verschreibung von Νοῦβα wertet. Eine Verwechslung von S und B findet sich auch im Toponym Subasto, das in Bubasto zu korrigieren ist. Wenig plausibel erscheint mir Wilfords in Betracht gezogene Ableitung von Nusapius von sanskrit Niśápati, einem Epitheton des Mondgottes.
Das Hydronym auf der Tabula Peutingeriana dürfte sich auf die geographische Lage des Sees im Gebiet der Nubier (Νοῦβαι, Strab. 17, 1, 2 [786]. 53 [819]; zu den Nubiern, Nubaei, in dieser Region vgl. auch Plin. nat. 6, 192), also südlich von Ägypten, beziehen; Die Berge, die den See umgeben, sind die Nubiae montes. Die beiden Namen dieses Sees könnten also auf hellenistischer Tradition basieren. Mit der Darstellung des Sees auf der TP vergleichbar ist lediglich der Mitte des 11.Jh. entstandene Beatus von Saint Sever. Andere mittelalterliche Karten stellen die Nubiae montes als Grenze zwischen Ägypten und Nubien dar (Sawley Map: Montes Nibie; Hereford Map: Montes nibie), wobei Wächter der Nubier den Zugang nach Ostafrika („Nubische Pforte“) kontrollieren (vgl. Sawley Map: Porte Nibie; Ebstorfer Weltkarte 20/2: Porte Nybie, Hereford Map: portae nibie; London Psalter Map: ohne Legende). Hinter diesem Wall liegt auch die Quelle des (unteren) Nil, die auf Plinius bzw. Solinus (Plin. nat. 5, 55: Phiala; Solin. 32, 11: Phialus) basierend als Fialus bezeichnet wird (Sawley Map: Fialus fons Nilii; Hereford Map: Fialus fons Nilii), ohne dass an dieser Stelle ein größerer Quellsee dargestellt wäre.
Die Nubischen Pforten sind ebenso wie die Kaspischen Tore eine vom zeitgenössischen Betrachter sehr wohl verstandene Anspielung auf das Horn von Afrika als eine verschlossene apokalyptische Region: Barbarische und unreine Völker wie Gog und Magog im äußersten Nordosten und die frommen Nubier im äußersten Süden sind hinter einer unüberwindlichen Barriere eingeschlossen, um die zivilisierte christliche Welt zu schützen bzw. ihre Vernichtung zu verhindern (Lewy, Der apokalyptische Abessinier, 301-362). Die Bezeichnung „Nubische Pforte“ lässt an den befestigten Grenzort und Kontrollpunkt denken, der in der Fatimidenzeit offenbar unter dem arabischen Topoym bāb al-Nūba („Pforte der Nubier“) bekannt war; eine Gleichsetzung mit Syene/Aswan ist nicht nachweisbar (Seignobos, Nubia and Nubians, 998). Die Lage in der Nähe des ersten Kataraktes hat aber eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich: In dieser Region sind nicht weit vom modernen Assuan-Staudamm entfernt nubische Bauten wie Hisn al-Bab aus der Zeitspanne vom 5.-12. Jahrhundert archäologisch nachgewiesen, die zumindest in der Frühzeit ihres Bestehens militärische Funktion hatten, auf jeden Fall aber der Grenzmarkierung und -kontrolle dienten und in den Kontext der Konflikte zwischen dem christlichen Nubien und dem fatimidischen Ägypten gehören (Gascoigne/Rose, The Forts of Hisn al-Bab, 88-95; Rose/Gascoigne, Hisn al-Bab: More Symbol than Substance, 251-268; Rose, Archery Equipment, 355-372). - Vgl. auch zu Hic Lacvs TRiToNvM·, Hij montes subiacent paludi simili meotidi· p quem nilus transit· und Subasto.

Literatur:

Francis Wilford, On Egypt and other Countries adjacent to the Ca’li’ River or Nile of Ethiopia. From the Ancient Books of the Hindus, in: Asiatick Researches, Or, Transactions of the Society Instituted in Bengal, for inquiring into the History and Antiquities, the Arts, Sciences, and Literature, of Asia, Volume 3, 1801, 295-463, hier 308f.; Gustav Adolf von Klöden, Das Stromsystem des oberen Nil nach den neueren Kenntnissen mit Bezug auf die älteren Nachrichten, Berlin 1856, 277-283; Emil Schweder, Über eine Weltkarte des achten Jahrhunderts, in: Hermes 24, 1889, 587-604; Miller, Itineraria, 957; Friedrich Windberg, in: RE XVII / 1, 1936, 1229f. s.v. Νοῦβα λίμνη; Ders., ebd., 1234 s.v. Νοῦβαι 2; Ernst Honigmann, in: RE VII A / 1, 1939, 245-305, hier 252-257 s.v. Triton 1; Friedrich Windberg, ebd., 305-323, hier 311 s.v. Triton 5; Bosio, Tabula, 61. 73; Reinhold Bichler, Herodots Welt. Der Aufbau der Historie am Bild der fremden Länder und Völker, ihrer Zivilisation und ihrer Geschichte, Berlin 22001 (= Antike in der Moderne), 45. 50. 52. 55. 65; Francesc Relaño, The Shaping of Africa: Cosmographic and Cartographic Science in Late Medieval and Early Modern Europe, Aldershot 2002 (ND 2019); Alison L.Gascoigne / Pamela J. Rose, The Forts of Hisn al-Bab and the First Cataract Frontier from the 5th to 12th Centuries AD, in: Sudan & Nubia 16, 2012, 88-95; Pamela Rose / Alison L.Gascoigne, Hisn al-Bab: More Symbol than Substance, in: Friederike Jesse/Carola Vogel (Hrg.), The Power of Walls - Fortifications in Ancient Northeastern Africa: Proceedings of the International Workshop Held at the University of Cologne, 4th-7th August 2011, Bielefeld 2013 (= Colloquium Africanum 5), 251-268; Jessica Priestley, Herodotus and Hellenistic Culture: Literary Studies in the Reception of the Histories, Oxford 2014, 131-135; Susan A. Stephens, Callimachus: The Hymns. Edited with Introduction, Translation, and Commentary, New York 2015, New York 2015, 235; Robin Seignobos, Nubia and Nubians in Medieval Latin Culture, in: Julie R. Anderson / Derek A. Welsby (Hrg.), The Fourth Cataract and Beyond. Proceedings of the 12th International Conference for Nubian Studies, London 2014 (= British Museum Publications on Egypt and Sudan 1), 989-1004, hier 998; Mordechai Lewy, Der apokalyptische Abessinier und die Kreuzzüge. Wandel eines frühislamischen Motivs in der Literatur und Kartografie des Mittelalters, Berlin 2018 (= Beiträge zur Erforschung des Alten Testaments und des antiken Judentums 61), 301-362; Pamela Rose, Archery Equipment from Hisn al-Bab, Aswan (Egypt), in: Jahreshefte des Österreichischen Archäologischen Institutes in Wien 87, 2018, 355-372.

Köhner, Nordafrika, S. 194, 196;

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Letzte Bearbeitung:

20.08.2024 19:56


Cite this page:
https://tp-online.ku.de/einzelanzeige.php?id=2275 [zuletzt aufgerufen am 30.11.2024]

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