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Ausschnitt aus der Tabula Peutingeriana - Rom

Tabula Peutingeriana – Einzelanzeige

Toponym TP (aufgelöst):

Aris

Name (modern):

Zarang (Miller), Dahan-i Ghulaman (Barrington Atlas)

Bild:
Zum Bildausschnitt auf der gesamten TP
Toponym vorher XXV     Propasta     XXV     Pharca     
Toponym nachher XL     Thubrassene     
Alternatives Bild ---
Bild (Barrington)
Großraum:

Asien östl. d. Euphrat, südl. d. Taurus

Toponym Typus:

Ortsname mit Symbol

Planquadrat:

11B4

Farbe des Toponyms:

schwarz

Vignette Typus :

A Doppelturm

Itinerar (ed. Cuntz):

 

Alternativer Name (Lexika):

 

RE:

Aris [2]

Barrington Atlas:

Dahan-i Ghulaman/Zra(n)ka? (3 H3, 6 A3)

TIR / TIB /sonstiges:

 

Miller:

Aris

Levi:

Aris (A,I,2)

Ravennat:

Aris (p. 16.36; 16.55)

Ptolemaios (ed. Stückelberger / Grasshoff):

 

Datierung des Toponyms auf der TP:

Klassik (5./4. Jh.)

Begründung zur Datierung:

Der älteste Beleg für das Toponym stammt von Ktesias, daher liegt eine Datierung dieses Eintrages in die klassische Zeit nahe.

Kommentar zum Toponym:

Die Lokalisierung von Aris ist in der Forschung nicht ganz unumstritten: Lerner z.B. identifiziert Aris mit dem in den antiken Quellen als Baktra, Zariaspa oder Baktra-Zariaspa bezeichneten Ort in Baktrien; Rapin hingegen setzt Aris bzw. Zariaspa mit Marakanda (Samarkand) gleich. Braun zieht mit aller Vorsicht eine Verwechslung von Aris mit Alexandreia Areia in Erwägung, gibt allerdings die starken Abweichungen der genannten Distanzen von anderen (zuverlässigen) Entfernungsangaben (Strab. 11, 8, 9 [514] = Eratosthenes fr. III B 2 Berger; Plin. nat. 6, 61) zu bedenken. In die richtige Richtung weisen wohl eher die arabischen Geographen des 9. und 10. Jh. (Ahmad Ibn Yaqub, aṭ-Ṭabarī, Ibn Hauqal), die einen in der Drangiane (Zarangiane, das heutige Sīstān) gelegenen Ort mit dem Toponym Zaranǧ oder Zaring bezeichnen. Die Basis für den Namen der Region und ihrer Bewohner geht auf altpers. z-r-k (Zranka/*Dranka; Schmitt, The Bisitun Inscription, 27; Ders., Die altpersischen Inschriften, 39) zurück, davon ausgehend gebildet ist Drangiane/Zarangiane (Schmitt, in: Encyclopaedia Iranica 7/5). Den ältesten Beleg für den Ort bietet die Persika des Ktesias mit dem Toponym Ζάριν (56: Phot. Bibl. 72 p. 41b 38-43b 2 [Nicholson 98 F15]), das wohl als Akkusativ von Ζάρις aufzufassen ist, vgl. König, Die Persika des Ktesias, 46; Nicholson, Ctesias 98. (Text). 186 (Kommentar). An diese dem einheimischen Ortsnamen recht nahe kommenden Namensform recht nahe kommt die bei Isidor von Charax genannte Station πόλις Πάριν (mans. Parth. 2, 17), zu rekonstruieren als Ζάρις oder Ζάριν in der Ariana (Hartmann, Wege, 450) - ein infrastrukturell wichtiger Ort, da am Kreuzungspunkt von drei Straßen gelegen. Die bei den Alexanderhistorikern nicht genannte Stadt dürfte Alexander im Winter 330/29 v.Chr auf seiner Verfolgung von Bessos und dessen Anhängerschaft passiert haben (Arr. 3, 25, 8; Diod. 17, 78, 4; Strab. 15, 2, 10 [724]), um dann die gesamte Satrapie seinem Reich einzuverleiben. Hierher zu stellen ist auch das Toponym ARIS auf der Tabula Peutingeriana und die gleichautende Namensform beim Ravennaten (46, 1: Aris): Tomaschek erklärt die Namensform Aris durch ein möglicherweise undeutlich geschriebenes ζ im seleukidischen Stadiasmos und verbindet das Toponym mit Isidors Station πόλις Πάριν (s.o.). In der neueren Forschung meistens vertreten wird mittlerweile meistens die Lokalisierung von Aris in der Nähe des Stadtgebietes des heutigen, im westlichen Afghanistan an der Grenze zum Iran gelegenen Zaranǧ und ca. 30 km südöstlich vom ostiranischen Zābol gelegen, wie bereits von Tomaschek (RE II/1, 846) und Treidler (RE XXIII/1, 818) vorgeschlagen; das Ruinenfeld heißt Dahana-i Ġulāmān (Dahan-i Ghulaman).
Die aufgegebene Siedlung Zaris/Zarin/Aris ist nicht modern überbaut. Bereits vor Beginn der archäologischen Forschungen hatten die Sandmassen dieses ariden Gebietes bei entsprechenden Windverhältnissen immer wieder Teile der Mauerreste freigegeben; andernorts im antiken Sistan haben Wanderdünen eine dauerhafte Besiedlung mit Landwirtschaft nur vorübergehend ermöglicht und schließlich die Bewohner zur Aufgabe der Siedlungen gezwungen (Gerster, The Past from Above, 392 Nr. 244: Dahan-i Ghulaman, Nr. 246: Die Festung Qalat-i Gird inmitten zahlreicher Wanderdünen). Im achämenidischen Zaris war es die immer schwieriger werdende Wasserversorgung, die bereits nach 100-150 Jahren die Aufgabe der Siedlung erzwungen hat: Der für die Bewässserung und die Trinkwasserversorgung genutzte Arm des Hilmand hatte sich verlagert. Die ersten archäologischen Erkundungen (Surveys, Suchschnitte) erfolgten 1960 und 1961, Ausgrabungen fanden 1962-1966 unter der Leitung von Umberto Scerrato statt; ab 2000 wurde die Arbeit durch Grabungsteams von S.M.S. Sajjadi und K. Mohammadkhani (Istituto Italiano per il Medio ed Estremo Oriente/IsMEO und Iranian Cultural Heritage, Handicraft and Torism Organization/ICHHTO) wiederaufgenommen und finanziert (zur Grabungsgeschichte vgl. Maresca, Bytes from Ink, 61-63; Ders., Between ‛Early’ and ‛Late’ Iron Age, 202). Bereits während der ersten Grabungskampagnen konnten mindestens sieben repräsentative Gebäude mit großen zentralen Innenhöfen aus der frühen Achämenidenzeit - Paläste, Schatzhaus, Kultgebäude - freigelegt werden; neben den Baulichkeiten desv Palastbezirkes exisitieren freilich auch Privathäuser. Ebenfalls nachweisbar ist eine Rast- und Poststation mit angeschlossenen Magazinbauten, ein quadratisches Lehmgebäude, das dem Typus des „Pfeilerhofes“ mit einem schmalen Wohntrakt in der Mitte angehört. Das sehr funktional gegliederte regionale Zentrum von Zaris/Zaris scheint gewissermaßen wie auf dem Reißbrett geplant gewesen und in vergleichsweise kurzer Zeit (spätes 6./frühes 5.Jh. v.Chr.) in seiner vollen Ausdehnung angelegt worden zu sein. Auf Grund der Nutzungsdauer sind in Dahan-i Ghulaman weder verschiedene Bauphasen noch eine Stratigraphie erkennbar.
Festzuhalten ist, dass Aris wohl gleichzusetzen ist mit Zaris/Zarin (Zranka), der Haupstadt der Satrapie Zranka (Drangiane) und erstmals unter Darius II. (424–405 v.Chr.) als Zarin bei Ktesias Erwähnung findet. Zusammen mit Bestia deselutia (Bust) zählte Aris zu den wichtigsten Orten an der von Indien in die iranische Welt führenden Handelsroute und offenbar Rast- und Poststation an einer der zum System der „Königsstraßen“ gehörigen Straßen. - Vgl. auch zu Bestia. deselutia. (Bust).

Literatur:

Wilhelm Tomaschek, Zur historischen Topographie von Persien. I. Die Straßenzüge der Tabula Peutingeriana, Wien 1883 (= Sitzungsberichte der philosophisch-historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften 102), 145-231, hier 213; Ders., in: RE II / 1, 1895, 382 s.v. Arate; ders., ebd., 846 s.v. Aris 2; Ders., in: RE II / 2, 1896, 1709 s.v. Aspacora; Joseph Marquart, Ērānšahr nach der Geographie des Ps. Moses Xorenac’i. Mit historisch-kritischem Kommentar und historischen und topographischen Exkursen, Berlin 1901 (= Abhandlunggen der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, Phil.-Hist. Kl. Neue Folge III, No. 2), 35f.; Hans Treidler, in: RE XXIII / 1, 1957, 817-822 s.v. Prophthasia 2, hier 818; William W. Tarn, The Greeks in Bactria and India, Cambridge 1966 (2. Aufl. 2010), 14 mit Anm. 4; Friedrich W. König, Die Persika des Ktesias von Knidos, Graz 1972, 46; John M. Cook, The Persian Empire, London / New York 1983, 255. 278; Adrian D.H. Bivar, The Persian Eldorado, in: Gherardo Gnoli/Antonio Panaino (Hrg.), Proceedings of the First European Conference of Iranian Studies Held in Turin, September 7th-11th, 1987 by the Societas Iranologica Europaea, pt. 1: Old and Middle Iranian Studies, Rome 1990, 29-42, hier 30; Klaus Schippmann, Die iranischen Feuerheiligtümer, Berlin 1971, 42. 50-57; Rüdiger Schmitt, The Bisitun Inscriptions of Darius the Great: Old Persian Text. Corpus Inscriptionum Iranicarum, Part I: Inscriptions of Ancient Iran, Vol. 1 / 1, London 1991, 27; Rüdiger Schmitt, in: Encyclopaedia Iranica 7/5, 1995, 534-537 s.v. Drangiana (or Zarangiana), http://www.iranicaonline.org/articles/drangiana (zuletzt aufgerufen am 20.3.2020); Jeffrey D. Lerner, The Impact of Seleucid Decline on the Eastern Iranian Plateau, Stuttgart 1996 (= Hist.-E. 123), 47f. mit Anm. 8 (zur Forschungsdiskussion um die Lokalisierung von Zariaspa und Wilsons Identifizierung von Zariaspa mit Alexandria Margiana). 50. 60. 106; Claude Rapin, L‘Afghanistan et l‘Asie centrale dans la géographie mythique des historiens d‘Alexandre et dans la toponymie des géographes gréco-romains. Notes sur la route d‘Hérat à Begram, in: Osmund Bopearachchi / Marie-Françoise Boussac (Hrg.), Afghanistan. Ancien carrefour entre l‘est et l‘ouest. Actes du Colloque International organisé par Christian Landes & Osmund Bopearachchi au Musée archéologique Henri-Prades-Lattes du 5 au 7 mai 2003, Brepols 2004 (= Indicopleustoi 3), 143-172; Andrew Nichols, The Complete Fragments of Ctesias of Cnidus: Translation and Commentary with an Introduction, unpublished PhD Dissertation University of Florida 2008, 98. 186; Rüdiger Schmitt, Die altpersischen Inschriften der Achaimeniden. Editio Minor mit deutscher Übersetzung, Wiesbaden 2009, 39; Bruno Jacobs, Achaemenid Satrapies, in: Encyclopaedia Iranica, online edition 2011 (http://www.iranicaonline.org/articles/achaemenid-satrapies) s.v. 6 und 6.2 (zuletzt abgerufen am 18.3.2018); Kurt Maier, Die Geographie der mittelalterlichen iranischen Provinz Sīstān in frühen islamischen Quellen, Würzburg 2009 (= Kultur, Recht und Politik in muslimischen Gesellschaften 14), 63-72. 149f. 162; Christiane Braun, Untersuchungen zum XI. Segment der Tabula Peutingeriana anhand der Route Persepolis - Ekbatana - Hecantopolis - Propasta - Antiochia, in: Orbis Terrarum 14, 2016, 11-32, hier 24; Clifford E. Bosworth, in: Encyclopaedia of Islam (2. Aufl.), s.v. Zarang (http://dx.doi.org/10.1163/1573-3912_islam_SIM_8123, zuletzt aufgerufen am 14.11.2017); Claude Rapin, Alexandre le Grand en Asie Centrale. Géographie et Strategie de la Conquête des Portes Caspiennes à l‘Inde, in: Claudia Antonetti / Paolo Biagi (Hrg.), With Alexander in India and Central Asia. Moving East and Back to West, Oxford / Philadelphia 2017, 37-122, hier 38f. 98. 100f.; Udo Hartmann, Wege durch Parthien - Straßen, Handelsrouten und Kommunikation im Arsakidenreich, in: Bernhard Woytek (Hrg.), Infrastructure and Distribution in Ancient Economies. Proceedings of a Conference Held at the Austrian Academy of Sciences, 28–31 October 2014, Wien 2018, 445-472, hier 450.
Zum archäolischen Befund: Kourosh Mohammadkhani, Une nouvelle construction monumentale achéménide à Dahaneh-e Gholaman, Sistan, Iran, in: Arta, 2012 / 1, 1-18; Umberto Scerrato, Excavations at Dahaneh-e Gholaman (Sistan-Iran), First Preliminary Report (1962-1963), in: East and West, n.s. 16, 1966, 9-30; Ders., L’edificio sacro di Dahan-i Ghulaman (Sistan), in: Atti del Convegno sul Tema: La Persia e il Mondo Greco-Romano (Roma 11-14 Aprile 1965), Roma 1966, 457-470; Ders., Evidence of Religious Life at Dahan-e Ghulaman, Sistan, in: Maurizio Taddei (Hrg.), South Asian Archaeology 1977: Papers from the Fourth International Conference of the Association of South Asian Archaeologists in Western Europe, Held in the Istituto Universiatrio Orientale, Naples, Vol. 2, Naples 1979, 709-735; Gherardo Gnoli, in: Encyclopaedia Iranica 4 / 6, 1993, 582-585 s.v. Dahana-ye Ḡolāmān, http://www.iranicaonline.org/articles/dahan-e-golaman-or-according-to-walther-hinz-p (zuletzt aufgerufen am 20.3.2020); Georg Gerster, The Past from Above: Aerial Photographs of Archaeological Sites, Los Angeles 2005, 392; Seyed M.S. Sajjadi, Wall Painting from dahanyeh-ye Gholaman (Sistan), in: Ancient Civilization from Scythia to Siberia 13, 2007, 129-154; Bruno Genito, The Achaemenid Empire as Seen as from its Periphery, in: Paolo Matthiae / Frances Pinnock / Lorenzo Nigro / Nicolo Marchetti (Hrg.), Proceedings of the 6th International Congress on the Archaeology on the Ancient Near East, 5 May-10 May 2009, „Sapienza“, Università di Roma, Vol. 1: Near Eastern Archaeology in the Past, Present and Future, Ethnoarchaeological and Interdisciplinary Approach, Results and Perspectives, Visual Expression and Craft Production in the Definition of Social Relations and Status, Wiesbaden 2010 (= ICAANE 6), 77-92, hier 79-82; Giulio Maresca, Reconsidering the Pottery from Dahān-i Hulāmān (Iran, Sistān - 6th Century BC): Some Preliminary Production-Related Typological Observations, ebd., 423-442; Ders., Bytes from Ink/Ink from Bytes: The Complexity of Data from the Italian Archaeological Activities at Dahanae-ye Gholāmān, Qal‛a-ye Sam and Qal‛a-ye Tepe, in: Bruno Genito (Hrg.), Digital Archaeology from the Iranian Plateau (1962-1977). Collected Papers on the Occasion of the 10th Anniversary of the Demise of Umberto Scerrato, Napoli 2014 (= Università degli Studi di Napoli ‟L’Orientale”, Series Minor 80, 61-71. 145-159; Ders., Between ‛Early’ and ‛Late’ Iron Age in South-eastern Iran: Notes on the Possibility to evaluate the ‛Achaemenid Impact’ on the Area, in: Vicino Oriente 22, 2018, 197-211, hier 202f.; Ders., The Achaemenid Ceramic Horizon as seen from Ancient Zranka: An Overview, in: Bruno Genito / Giulio Maresca (Hrg.), Ceramics and the Archaeological Achaemenid Horizon: Near East, Iran and Central Asia, Napoli 2019 (= Università degli Studi di Napoli ‟L’Orientale”, Series Minor 86), 123-151, hier 124f. (zu altpers. z-r-k, Zranka = Drangiana und Nennung der Region Zranka in Satrapienlisten). 127 (Prophthasia), https://www.academia.edu/41881713/2019._The_Achaemenid_Ceramic_Horizon_as_seen_from_Ancient_Zranka.

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02.01.2023 16:48


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