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Ausschnitt aus der Tabula Peutingeriana - Rom

Tabula Peutingeriana – Einzelanzeige

Toponym TP (aufgelöst):

Cio

Name (modern):

Gemlik

Bild:
Zum Bildausschnitt auf der gesamten TP
Toponym vorher -     Pylae     XXI     Prusias     
Toponym nachher XV     Prusad Olympum (Prusa ad Olympum)     
Alternatives Bild ---
Bild (Barrington)
Großraum:

Asia Minor

Toponym Typus:

Ortsname ohne Symbol

Planquadrat:

8B2 / 8B3

Farbe des Toponyms:

schwarz

Vignette Typus :

---

Itinerar (ed. Cuntz):

 

Alternativer Name (Lexika):

 

RE:

Kios 1

Barrington Atlas:

Prusias ad Mare/Kios (52 E4)

TIR / TIB /sonstiges:

Kios (TIB 13, 671-674)

Miller:

Cio, Prusias

Levi:

 

Ravennat:

Cion (p. 91,34)

Ptolemaios (ed. Stückelberger / Grasshoff):

Προυσιάς (5,1,4)

Plinius:

 

Strabo:

 

Datierung des Toponyms auf der TP:

Klassik (5./4. Jh.)

Begründung zur Datierung:

Frühester Beleg für den Ortsnamen Kios bei Herodot und von da an bis in die Neuzeit in Gebrauch. Zum zeitweisen, noch in spätantiken und früzbyz. belegten alternativen Namen Prusias (nach Prusias I. v. Biythnien, ca. 230-182 v. Chr.) s. den Kommentar.

Kommentar zum Toponym:

Bei Cio und 8B3 Prusias (Vignette links unterhalb von Cio) handelt es sich eigentlich um dieselbe Stadt (s. dazu unten).
http://www.cambridge.org/us/talbert/talbertdatabase/TPPlace2196.html

Zweiturmvignette bei Prusias

Κίος, z. B.
frühester Beleg: Hdt. 5,122 τραπόμενος ἐς τὴν Προποντίδα εἷλε Κίον τὴν Μυσίην; Ps.-Skyl. 93 ἔστι δὲ τὸ ἐπ´ ἀριστερᾷ τοῦ Ὀλβιανοῦ κόλπου ἐκπλέοντι εἰς τὸν Κιανὸν κόλπον μέχρι Κίου. ἡ δὲ Μυσία ἀκτή ἐστι. πόλεις δ´ ἐν αὐτῇ Ἑλληνίδες εἰσὶν αἵδε· Ὀλβία καὶ λιμήν, Καλλίπολις καὶ λιμήν, ἀκρωτήριον τοῦ Κιανοῦ κόλπου, καὶ ἐν ἀριστερᾷ Κίος πόλις καὶ Κίος ποταμός. παράπλους δὲ τῆς Μυσίας εἰς Κίον ἡμέρας μιᾶς; Nymphodoros of Syracuse FGrHist 572 frg. 16 ap. schol. Ap. Rhod. 4,1470; Xenoph. Hell. 1,4,7 ὁ δὲ ἀπήγαγεν εἰς Κίον τῆς Μυσίας; Schol. Apoll. Rhod. 1,1177f = Skyl. FGrHist 2046 T 2.

Cios, z. B.
Liv. 32,34,6; Mela 1,100 duo sunt inde modici sinus. alter Cianos nomine Cion (Emendation des Barbarus; Chion A) amplectitur, Phrygiae haud longe iacentis opportunissimum emporium …; Plin. nat. 5,144 amnes Hylas et Cios cum oppido eiusdem nominis, quod fuit emporium non procul accolentis Phrygiae, a Milesiis quidem conditum, in loco tamen qui Ascania Phryigiae vocabatur. quapropter non aliubi aptius de ea dicatur (nämlich am Ende des Abschnitts über Bithynien und vor der Behandlung Phrygiens); Ammian. Marc. 22,8,5 et Apameam Ciumque, ubi Hylam ....; Guido 99.
Verschrieben zu Cyos Rav 2,18 p. 31,7.
In den Portulanen und Portulankarten unter den Graphien Schio, Cheo, Chiu, Geo etc. (s. TIB 672).
Weitere Quellen bei Detschew 1957, 246f, der den Namen als thrakischen Ursprungs führt.

Zeitweise umbennannt in Προυσιάς (nach Prusias I. von Bithynien, ca. 230-182 v. Chr.), z. B.
Strabo 12,4,3 Τῷ δ´ Ἀστακηνῷ κόλπος ἄλλος συνεχής ἐστιν, εἰσέχων μᾶλλον πρὸς ἀνίσχοντα ἥλιον, ἐν ᾧ Προυσιὰς ἔστιν ἡ Κίος πρότερον ὀνομασθεῖσα; Ptol. 5,1,4 Προυσιάς; Zosimos 1,35,2; Steph. Byz. Προῦσα· τῆς Προυσιάδος διαφέρει. ἡ μὲν γὰρ Προυσιάς Βιθυνίας, ἀπὸ Προυσίου τοῦ Ζηίλα τοῦ Βιθυνῶν βασιλέως, ἡ Κίος πρότερον ὀνομασθεῖσα, ἧς ὁ πολίτης Προυσιεύς … (aus Strabo, s. o., s. Billerbeck, Komm. ad loc.).
Auf Münzen ΠΡΟΥΣΙΕΩΝ ΤΩΝ ΠΡΟΣ ΘΑΛΑΣΣΗΙ, z. B. Head 512

Prusias, z. B.
Plin. nat. 5,148 a Cio intus in Bithynia Prusa … dein Nicaea … et Prusias, item altera sub Hypio monte; Mart. Cap. 6,687 in ea (sc. Bithynia) civitas Prusias, quam Hylas inundat lacus, quo puer eiusdem nominis dicitur interceptus.
- Verschrieben zu Brissias Rav 5,9 p. 91,34 Brissias Cion.

Bei Plin. nat. 5,144 und 148 sowie Rav 5,9 p. 91,34 werden Cius und Prusias also als zwei verschiedene Orte missverstanden.

Auf der in diesem Bereich sehr fehlerhaften TP scheint der Ort im Binnenland zu liegen (s. u.)
In Wirklichkeit handet es sich um eine Hafenstadt im Ostteil des Golfs von Kios an der Propontis am gleichnamigen Fluss am Fuße des Arganthonion-Berges (8B2 braunes Gebirge zwischen Meer und [Lacus Ascania], oberhalb von Pylae) an den Straßen von Pylae nach Prusa und entlang der Südküste der Propontis (Routen C 4 u. D 8). Bereits in der Antike ein bedeutender Handels- u. Hafenplatz (Mela 1,100; Plin. nat. 5,144; s. TIB 671).

Laut Schol. Apoll. Rhod. 4,1470 eine Gründung des Argonauten Polyphemos, jedoch laut den Münzen des Herakles (HN 512-514), da man den Ort mit der Hylas-Sage in Verbindung brachte (s. Ruge, RE 486 mit Quellen).
Tatsächlich 626/25 v. Chr. als Milesische Kolonie gegründet (Plin. nat. 5,144). Mehrfach unter persischer Herrschaft (TIB 671). Teilnahme am Ionischen Aufstand (Hdt. 5,122) und als einzige Stadt in der östl. Propontis von Anfang an Mitglied im Attisch-Delischen Seebund (ATL 3, 204 Anm. 49; 4, 64, s. Kalcyk/Dörner, DNP).
202 v. Chr. von Philippos V. zerstört (Polyb. 15,21-23; 18,3,12; 4,7; 18,3,12; 4,7) und von König Prusias I. von Bithynien (ca. 230-182 v. Chr.) wieder aufgebaut, weshalb es zeitweise den Namen “Prusias am Meer” führte (s. Kalcyk/Dörner, DNP).
Im 3. Mithridatischen Krieg ergab sich Prusias 72 v. Chr. dem C. Valerius Triarius und erhielt dafür die Autonomie (Strabo 12,4,3). Spätestens unter Kaiser Claudius (41–54 n. Chr.) nahm Prusias wieder seinen alten Namen Kios an (s. Corsten 1985, 22–42; TIB 13, 671), jedoch führen Ptol. 5,1,4, Mart. Cap. 6,68 und Steph. Byz. es immer noch unter Prusias.
257/58 n. Chr. von den Goten geplündert (Zosimos 1,35,2; Lit. s. TIB 13,673, Anm. 6).
Bischofsitz, Teilnahme am Konzil von Nizäa d. J. 325 (s. Ruge, RE 487).

Die TP ist, wie oben bemerkt, hier stark verzeichnet: Kios war eigentlich eine Küstenstadt und lag westl. des Ascaniasees (des großen namenlosen Sees auf 8B2) und ssw. der vorangehenden Station Pylae, und zwar etwa an der Stelle, wo auf der TP Pylae eingetragen ist. Doch auf der TP erscheint Kios/Prusias ad mare im Binnenland und anscheinend gleich zweimal, dicht nebeneinander: einmal unter dem Namen 8B2/3 Cio als Folgestation rechts (statt ssw.) von Pylae und rechts (statt westl.) neben dem Ascaniasee und ein zweites Mal als 8B2 Prusias mit Vignette rechts unterhalb des Ascaniasees. Es wäre denkbar, dass es sich bei Cio und Prusias ursprünglich um einen einzigen Karteneintrag gehandelt hat, der aber durch die Unachtsamkeit eines (mittelalterlichen?) Kopisten auseinandergezogen wurde. Dafür spräche, dass die Meilenangabe von Pylae nach Cio fehlt und dass sich die Distanzzahl XXV rechts neben der Vignette von Prusias auf diese Strecke Pylai - Kios/Prusias beziehen könnte. Die Distanz von 25 Meilen (ca. 37 km) wäre in etwa korrekt.
Wenn man diese beiden Toponyme jedoch als zwei verschiedene Einträge auffasst, resultierend aus der Unkenntnis des Kartographen, dass es sich um ein denselben Ort handelt, wäre als Erlärung denkbar, dass dieser Kartograph bei der Übertragung der Straßenstationen aus den ihm vorliegenden Itinerar- bzw. Peripluslisten den Ort jeweils unter verschiedenen Namen vorgefunden und bei der Kompilation entsprechend zweimal eingetragen hat. Der gleiche Fehler unterlief anscheinend auch Plin. nat. 5,144 und 148 (s. Ruge, RE 487) und auch Rav 5,9 p. 91,34 (nicht jedoch Guido).
Die Verschiebung von Cio/Prusias von der Küste ins Binnenland könnte ebenfalls aus der fehlerhaften Übertragung schriftlicher Quellen in die Karte resultierten: Einige geographische Schriften (Ps.-Skyl. 93, Mela 1,100 und Plin. nat. 5,144) betonen die Lage des Ortes an der Grenze zum phrygischen Siedlungsgebiet im weiteren Sinne, und auch auf der TP liegt es am Rand Phrygias, das hier auf der Karte allerdings bereits im engeren Sinne verstanden wird, was das Missverständnis erklären könnte.

Archäolog. Reste: Röm. Nekropolen östl der Stadt entlang der Straße nach Nikaia (8B2 Nicea), sw. an der Straße nach Prusa (8B3) Prusad Olympum u. wahrscheinlich auch nw. an der Straße nach Küçükkumla (s. Corsten 1985, 11–13); die
Inschriften dreier wohl in diesem Bereich ausgegrabener kaiserzeitl. Sarkophage (Ende 2.–3. Jh.) nennen u. a. einen buleutēs der Stadt u. einen Arzt (dazu Sağir/Uzunoğlu/Hançer 2011). Früher wurden u. a. Reste eines Tempels mit 6,64 m langen Säulen u. korinth. Kapitellen beobachtet Die Stadtmauern (mit eigener Akropolis) lassen stellenweise hellenist. Fundamente erkennen (s. TIB 673 mit Lit. in Anm. 74).

Eigene Münzen seit Mitte des 4. Jh.s v. Chr., s. dazu Avram 2004, 983 mit Lit.

Inschriften: Corsten 1985.

Meilenangabe nach Prusad Olympum: XV (15),
Liegt eigentlich ssw. von Kios/Prusias ad Mare.
Anscheinend hat der Kartograph die Straßenlinie einer schriftlichen Itinerarvorlage in der falschen Richtung eingezeichnet.

Zum Straßennetz um Kios (und seiner Darstellung auf der TP) s. ausführlich TIB 13, 267-304 mit Lit.







Kommentar (Talbert):
For Cio and Prvsias as the same city, see note under the latter name.

Miller, Itineraria, Sp. 694:

Literatur:

Avram, Alexandru: Kios, in: Hansen, Mogens Herman/Nielsen, Thomas Heine: An inventory of archaic and classical poleis, Oxford 2004, 982.

Belke, Klaus: Bithynien und Hellespont in der Tabula Peutingeriana, in: Külzer, Andreas/
Popović, M. St. (Hgg.): Space, Landscapes and Settlements in Byzantium: Studies in
Historical Geography of the Eastern Mediterranean, Novi Sad – Vienna 2017, 51–73, hier: 66; 72f.

Corsten, Thomas: Die Inschriften von Kios (= IK 29), Bonn 1985.

Detschew, Dimiter: Die thrakischen Sprachreste, Wien 1957, 246f; 381f.

Doğancı, K.: Eskiçağda Kios (=Gemlik) ve Çevresi, Bursa´da Yaşam, Olay Basın Yayın, Mayıs-2018, 36-40.

Ehrhardt, N.: Ktistai in den Argonautika des Apollonios Rhodios. Beobachtungen
zur Entwicklung von Gründungstraditionen in Kyzikos, Kios, Herakleia Pontike und
Sinope, in: Studien zum antiken Kleinasien III (= AMS 16), Bonn 1995, 23–46.

Gabelko, Oleg Leonidovič: "A Tale of Two Cities": Some Particulars of the Conquest of Cius and Myrlea by the Kingdom of Bithynia, in: Guščin, Valerij Rafailovič (Hg.:) Deformations and crises of ancient civil communities, Stuttgart, 2015, 87-100.

Gabelko, Oleg Leonidovič: A Note on IvKios, 58. Zeitschrift für Papyrologie und Epigraphik, 201 (2017), 160-162.

Kalcyk, Hansjörg (Petershausen) and Dörner, Friedrich Karl (Münster), “Kios”, in: Der Neue Pauly, Herausgegeben von: Hubert Cancik,, Helmuth Schneider (Antike), Manfred Landfester (Rezeptions- und Wissenschaftsgeschichte). Consulted online on 21 August 2020
First published online: 2006.

Miller, Itineraria, Sp. 694; 712.

Ruge, W.: Kios 1, RE 11,1 (1921) 486–488.

Sağir, E./Uzunoğlu, H./Hançer, K.: Three new sarcophagi from Kios (Gemlik), Gephyra 8 (2011), 31–44.

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Letzte Bearbeitung:

12.12.2022 16:22


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https://tp-online.ku.de/einzelanzeige.php?id=1300 [zuletzt aufgerufen am 05.11.2024]

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