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Ausschnitt aus der Tabula Peutingeriana - Rom

Tabula Peutingeriana – Einzelanzeige

Toponym TP (aufgelöst):

Nicea Nialia

Name (modern):

Boukan or Saqqiz? (Barrington)

Bild:
Zum Bildausschnitt auf der gesamten TP
Toponym vorher VI     Naucanio     
Toponym nachher L     Ecbatanis Partiorvm (Ecbatanis Partiorum)     
Alternatives Bild ---
Bild (Barrington)
Großraum:

Asien östl. d. Euphrat, südl. d. Taurus

Toponym Typus:

Ortsname mit Symbol

Planquadrat:

11C1 / 11B1

Farbe des Toponyms:

schwarz

Vignette Typus :

A Doppelturm

Itinerar (ed. Cuntz):

 

Alternativer Name (Lexika):

 

RE:

 

Barrington Atlas:

Nicea Nialia/[Barsa] (90 unlocated)

TIR / TIB /sonstiges:

 

Miller:

Nicea Nialia

Levi:

Nicea Nialia (A,I,2)

Ravennat:

Nicanicio (p. 22.09)

Ptolemaios (ed. Stückelberger / Grasshoff):

 

Datierung des Toponyms auf der TP:

Späthellenismus (nach 200)

Begründung zur Datierung:

Die Quellen (Münzfunde) sprechen für die Datierung dieses Eintrags frühestens ins 2.Jh. v.Chr. (s. Kommentar).

Kommentar zum Toponym:

Der Ort ist wahrscheinlich identisch mit einer der hellenistischen, anlässtlich eines Sieges (neu)gegründeten Städte im osttigrischen Gebiet. Die Lokalisierung ist aber nicht gesichert: Am ehesten in Frage kommt Nikatoropolis am Diyālā, das wohl mit (Bet) Nikator (Paikuli-Inschrift: nīḳāṭōr āuwānā „Nīḳāṭōr, die Poststation“) identisch ist. Ob der Ort mit dem „Siegerberg“ bei Arbela (Strab. 16, 1, 4 [737]: Νικατόριον ὅρος), vielleicht sogar mit Gaugamela in Beziehung steht, lässt sich nicht nachweisen; in diesem Fall wäre diese Örtlichkeit aber sehr viel weiter im Norden anzusetzen. Seinen Namen verdankt der Ort dem Sieg Seleukos’ I. Nikator, der an diesem Platz 312 v.Chr. nach der Rückeroberung Babylons über den medischen Statthalter Nikanor siegte, so dass ihn die Susiane und Medien zufielen (App. Syr. 11, 55. 57); durch das Martyrium des Bischofs Schapur († 339; Nikeph. Kall. 8, 37) ist der Ort für die Spätantike/Sasanidische Zeit als Bischofssitz bezeugt.
Die unterhalb der Vignette und dem Fluss (auf der Tabula Peutingeriana zum Ganges gerechnet) erkennbare Entfernungsangabe 50 lässt daher an an mehrere Optionen denken - eine Weiterführung der Route in das Osttigris-Gebiet oder in den iranischen Raum nach Ecbatanis PartioRVM. Das Toponym wäre dann entweder mit dem ebenfalls am Diyālā (weiter flussabwärts) gelegenen Ort Artemita zu verbinden, hätte dann also über Ktesiphon den Anschluss an Mesopotamien. Mit Arbela und letztendlich mit dem ganzen nordmesopotamischen und kleinasiatischen Raum besteht eine Verbindung durch die Königsstraße. Die zweite Möglichkeit (die die erste aber nicht ausschließen würde) einer Orientierung nach Medien würde Nicea Nialia an die wichtige Route von Babylon über Ekbatana, Rhagai über Baktrien nach Osten anbinden: Der Ort - auf der Tabula Peutingeriana immerhin gegenüber den anderen Orten auf dieser Strecke durch eine Zweiturm-Vignette hervorgehoben - wäre somit durch den Zugang zu den politisch-administrativen Zentren und zugleich zu einer der bedeutendsten Handelsrouten („Seidenstraße“) enorm aufgewertet; den Anschluss an diese Route stellt der Ort Albania her, eine auf der Westseite nahe des Übergangs über den Zagros (Strab. 11, 13, 8 [525]: „Medisches Tor“: Μηδικὴ πύλη; Ptol. 6, 2, 7: Ζάγρου Πύλαι) zu lokalisierende Station. Von dort ist sind in Opis, Seleukeia bzw. Ktesiphon die Euphrat / Tigris-Routen zu erreichen. Eine direkte Route in Richtung Medien und Ekbatana ist nur bedingt nachweisbar: Anhaltspunkte für eine Rekonstruktion einer solchen Handelsroute bieten Münzfunde in der fraglichen Region, die im 2. und 1.Jh. v.Chr. n Ekbatana geprägt worden (dazu Olbrycht, Der Fernhandel in Ostsarmatien, 103f.).
Festzuhalten für die Darstellung des Toponyms Nicea Nialia auf der Tabula Peutingeriana ist aber ungeachtet dieser Probleme, dass die Darstellung der von Artaxata über den Taurus in den medischen Raum führenden Route mit Nicea Nialia als Endpunkt also auf keinen Fall richtig ist. - Vgl. auch e˙cbatanis· Partiorvm· (Ekbatana), Artemita· und ALBania·.

Literatur:

Miller, Itineraria, Sp. 782;

Josef Sturm, in: RE XVII / 1, 1936, 283 s.v. Νικατόριον ὅρος;

Franz Altheim, Geschichte der Hunnen, Vierter Band: Die europäischen Hunnen, Berlin 1975 (2.Aufl.): Ders., Geschichte der Hunnen, Fünfter Band: Niedergang und Nachfolge, Berlin 1962, 6;

Jürgen Tubach, Seleukos’ Sieg über den medischen Satrapen Nikanor, in: Welt des Orients 26, 1996, 97-128, hier 123; 232f.;

Marek, J. Olbrycht, Der Fernhandel in Ostsarmatien und in den benachbarten Gebieten (zweite Hälfte des 2.-1. Jh. v. Chr.), in: Laverna 12, 2001, 86-122, hier 103f.;

Getzel M. Cohen, The Hellenistic Settlements in the East from Armenia and Mesopotamia to Bactria and India, Berkeley / Los Angeles / London 2013, 102f.;

Anna-Maria Wittke / Eckart Olshausen/Richard Szydlak, Historischer Atlas der antiken Welt, Stuttgart 2012 (= SA von DNP Suppl. 3), 118 (Karte B G3); Schuol, Perserreich, 248.

   [Standard-Literatur-Liste im PDF-Format]

Letzte Bearbeitung:

20.10.2023 17:09


Cite this page:
https://tp-online.ku.de/trefferanzeige.php?id=1640 [zuletzt aufgerufen am 06.07.2024]

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